Baerbock und Schulze wollen feministische Politik - So soll es gehen
Die deutsche Politik soll, wenn es nach Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) geht, vor allem in der Außen- und Entwicklungspolitik, feministischer werden, das heißt, die Rechte von Frauen und Mädchen stärker in den Fokus rücken. Wie soll dies umgesetzt werden?
Hierfür wurden die "Leitlinien für feministische Außenpolitik" entwickelt, welche aus zehn Leitlinien bestehen und dem Handeln der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes einen Rahmen vorgeben. Diese wurden von Baerbock am 01. März vorgestellt.
Deutschland folgt mit diesen Leitlinien dem Beispiel anderer Länder wie Schweden, Mexiko oder Kanada, so das Auswärtige Amt.
Feministische Außenpolitik hat demnach nicht nur Frauenrechte im Blick, sondern alle marginalisierte Gruppen, das heißt, Personen, die auf Grund von Religion, Herkunft, sexueller Identität etc. einen unzureichenden Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen haben.
Ebenso wurde am 01. März von Entwicklungsministerin Schulze die "Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik" vorgestellt. Diese hat zum Ziel, die Gleichberechtigung von Frauen im Hinblick auf den Zugang zu Ressourcen sowie wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen zu stärken.
So sagt Schulze laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): "Wenn Frauen gleichberechtigt sind und gleiche Verantwortung tragen, gibt es weniger Armut, weniger Hunger und mehr Stabilität in der Welt. Es lohnt sich also, die Rechte, die Ressourcen und die Repräsentanz von Frauen und Mädchen zu stärken.“
Die Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik orientiert sich entlang der "3 R" - Rechte, Ressourcen und Repräsentanz -, um ungerechte Machtstrukturen zu verändern.
Die Leitlinien von Baerbock und die Strategie von Schulze sollen sich dabei gegenseitig ergänzen, so das BMZ.
Den Zusatz "feministisch" in den Leitlinien der Außen- und Entwicklungspolitik mussten Baerbock und Schulze laut der Tagesschau bereits öfter verteidigen.
Die beiden Politikerinnen hatten selbst überlegt, einen anderen Begriff zu wählen, wie die Tagesschau berichtet. Allerdings erweckt diese Formulierung Aufmerksamkeit, so Schulze.
Schulze sagte: "Aber seien Sie doch mal ehrlich, hätten wir so viel über diesen anderen Blick auf Entwicklungs- und Außenpolitik diskutiert, ohne die Definition als feministische Politik? Wir haben noch nie so viel Aufmerksamkeit für bestimmte Projekte bekommen wie jetzt."
Besonders bei Auslandsreisen fokussieren sich Schulze und Baerbock darauf, die Aufmerksamkeit auf Projekte zu legen, in denen Frauen Führungsrollen einnehmen.
Diese Projekte besitzen in den Augen der beiden Politikerinnen einen Vorbildcharakter. Baerbock besuchte eine Kaffeerösterei in Äthiopien, die von Frauen geführt wird.
Schulze reiste ihrerseits zu einer Kakao-Operative an der Elfenbeinküste, die ebenfalls von Frauen geleitet wird.
Außenministerin Baerbock betont, dass das Ziel einer feministischen Außenpolitik sei, gemeinsam stärker zu sein, so die Tagesschau. Dies gelte in den verschiedensten Bereichen wie der Wirtschafts- oder der Sicherheitspolitik.
"Friedensverhandlungen sind stabiler und tragfähiger, wenn alle Menschen mit am Tisch sitzen. Und das gilt insbesondere für die Hälfte der Bevölkerung, und das sind Frauen," so Baerbock.
Die Leitlinien sowie die Strategie sollen auch innerhalb der deutschen Ministerien gelten. So werden bspw. nur etwa 30 % der Auslandsvertretungen des deutschen Auswärtigen Amts von Frauen geleitet - dies soll sich nun ebenfalls ändern.
Auch im Hinblick auf die Einwerbung von Fördermitteln soll der Fokus auf die Gleichstellung gelegt werden. Entwicklungsministerin Schulze will den Anteil dieser Projekte von aktuell 65 % auf zukünftig 93 % erhöhen, so die Tagesschau. Dieser Anteil richtet sich vor allem auf Projekte im Globalen Süden.
Für die Leitlinien gibt es jedoch auch Kritik. Baerbocks Leitlinien sind Kristina Lunz (Foto re.), Aktivistin und Mitbegründerin des Centre for Feminist Foreign Policy, nicht umfassend genug. Gerade im Hinblick auf den Ukrainekrieg bedeutet feministische Außenpolitik für sie auch Abrüstung und nicht Aufrüstung.
Ebenso die Opposition steht der feministischen Ausrichtung kritisch gegenüber. Bereits vor etwa einem Jahr fand ein Schlagabtausch, den die Tagesschau als "legendär" bezeichnet, zwischen Baerbock und Friedrich Merz, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, statt.
Merz sagte: "Sie können von mir aus feministische Außenpolitik machen, feministische Entwicklungshilfepolitik - das können Sie alles machen. Aber nicht mit diesem Etat für die Bundeswehr."
Mehr zum Etat der Bundeswehr lesen Sie hier: Mehr Geld für die deutsche Bundeswehr?
Baerbock konterte damals, dass zu einer Sicherheitspolitik des 21. Jahrhunderts eine feministische Sichtweise dazugehöre, so die Tagesschau. "Das ist kein Gedöns, sondern das ist auf der Höhe der Zeit," sagte Baerbock.
Vor allem im Hinblick auf die Menschenrechtsverletzungen im Iran wird von Baerbock vielfach ein entschiedeneres Auftreten gefordert. Die Leitlinien sind hierbei ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings erfolgt kein Kabinettsbeschluss, sondern die Leitlinien stellen einen Rahmen für die Arbeit in den Ministerien dar.
Es gibt anscheinend nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Koalitionsregierung Politiker, die sich am Begriff "Feminismus" stören, wie die Tagesschau schlussfolgert.