Betreten verboten: warum die Ostsee-Insel Riems so gefährlich ist
Gesichert mit hohe Zäunen, Stacheldraht und Kameras. Die Insel Riems im Greifswalder Bodden ist alles andere als ein Urlaubsparadies. Ohne eine Genehmigung kommt hier niemand rein. Aber warum?
In Riems gibt es keine Hotels mit Touristen, sondern das Friedrich-Loeffler-Institut - mit Viren und Bakterien! Die extremen Sicherheitsmassnahmen sollen Menschen und Tiere in der Umgebung vor diesen Krankheitserregern schützen. Es herrscht Sicherheitsstufe 4!
Wer ins Sperrgebiet der Insel Riems vordringen möchte, braucht eine Genehmigung, muss dann mehrere Sicherheitsschleusen passieren, sich desinfizieren und am Ende Spezialkleidung anziehen.
Wieder raus zu kommen ist ebenfalls kompliziert. Es gilt obligatorisches Duschen und zwar nach einem streng getakteten Ablauf: eine Minute Wasser, eine Minute Seife, wieder zwei Minuten Wasser, dabei müssen auch die Haare gewaschen und die Fingernägel gereinigt werden.
Der Grund für so viel Sicherheit: Auf Riems befindet sich eins von weltweit nur drei Hochsicherheitslaboren, in denen gefährliche Viren direkt an Tieren getestet werden. Manche von ihnen können auch für Menschen tödlich sein. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn sie in falsche Hände gerieten oder sich durch Unachtsamkeit verbreiten könnten...
Der ehemalige Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, Thomas Mettenleiter, erklärte in der Berliner Morgenpost was Biosicherheitsstufe 4 bedeutet: "In den Labors herrscht Unterdruck, sodass bei einem Leck keine Luft von innen nach außen dringen kann, sondern nur umgekehrt. In den Schutzanzügen der Forscher dagegen herrscht Überdruck, sodass bei einem Riss nichts eindringen kann."
Natürlich sind auch die beschäftigten Personen selbst ein möglicher Risikofaktor und werden genaustens überprüft und fortlaufend kontrolliert.
Das Friedrich-Loeffler-Institut ist die älteste virologische Forschungsstätte der Welt. Vor mehr als 100 Jahren, damals noch mitten in der Stadt Greifswald, forschte Friedrich Loeffler, ein Schüler von Robert Koch, zur Maul- und Klauenseuche und entdeckte dabei die Viren, eine bis dahin unbekannte Klasse „allerkleinster Organismen“.
Rund um Greifswald erkrankten bald viele Tiere an der Seuche, Loeffler hatte durch seine Untersuchungen unbeabsichtigt ganze Herden mit der Krankheit infiziert, die er eigentlich aus der Welt schaffen wollte. Mehr Sicherheit versprach eine Insel. Und so wurde Riems zum Sperrgebiet.
Folgen Sie uns und erhalten Sie jeden Tag Zugang zu großartigen exklusiven Inhalten
Riems ist 1250 Meter lang, 300 Meter breit und hat einen schönen Blick auf Rügen. 1910 gründete Loeffler hier das erste Virusforschungsinstitut der Welt. „Ich schlafe ruhiger, weil ich weiß, dass das Institut auf der Insel steht“, so Thomas Mettenleiter (im Bild), ehemaliger Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts gegenüber der Berliner Morgenpost.
Im Dritten Reich forschte man in den Labors auf Riems zu Biowaffen. In der DDR zu Impfstoffen. Und heute zu Tierseuchen, auch zu denen, die Menschen gefährden können.
Der Riemser Forschungskomplex, seit 1997 Hauptsitz des Friedrich-Loeffler-Institutes (FLI), wurde erheblich erweitert und modernisiert. 300 Millionen Euro investierte der Bund in die neuen Gebäudekomplexe.
Auf Riems arbeiten 450 Beschäftigte. Es gibt 89 Labore mit unterschiedlichen Sicherheitsstufen, sowie 163 Ställe für das Großvieh, das man für die Versuche braucht. Die Tiere, ob groß oder klein, werden geopfert mit dem Ziel, einen Impfstoff gegen die Krankheiten zu entwickeln.
Der Gedanke, dass Krankheitserreger, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden und hochgefährlich sind, wie zum Beispiel Tollwut, BSE (auch Rinderwahn genannt), Ebola – oder SARS-CoV-2, das Coronavirus, in den Laboren auf Riems allgegenwärtig sind, ist nicht gerade beruhigend. Man kann nur hoffen, dass nichts schief geht...