BSI-Chef Arne Schönbohm muss gehen!
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das teilte ein Sprecher ihres Ministeriums in Berlin mit.
Der Sprecher des Innenministeriums sagte zu Schönbohms Ablösung: "Hintergrund sind nicht zuletzt die in den Medien bekannten und breit diskutierten Vorwürfe, die das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt haben."
Im Bild: Innenministerin Nancy Faeser und BSI-Chef Arne Schönbohm am 8. August 2022
Der SPIEGEL berichtet, dass Schönbohm selbst ihm gegenüber auf Anfrage folgendes sagte: "Da es keine Rückmeldung gab zu den Vorwürfen, habe ich am Montag selbst gebeten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, um den Sachverhalt zu klären. Mir ist bislang nicht bekannt, was das Ministerium geprüft hat und wie die konkreten Vorwürfe gegen mich aussehen."
Angefangen hat der Skandal mit einer Sendung des ZDF Magazin Royal (im Bild Moderator Jan Böhmermann) über die Cybersicherheit in Deutschland. In diesem Zusammenhang wurde scharfe Kritik am Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, geübt. Sehen wir, was ihm konkret vorgeworfen wird...
Arne Schönbohm hat vor zehn Jahren den Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. gegründet und unterhält weiter Beziehungen zu diesem umstrittenen Verein, nicht zu verwechseln mit dem Nationalen Cyber-Sicherheitsrat, der kein privater Verein ist, sondern zum Bundesverteidigungsministerium gehört. Ob der zum verwechseln ähnliche Name mit Absicht gewählt wurde...?
Der 'Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. zählt mit wichtigen Mitgliedern: Bayer, e.on, TÜV, die Liste ist lang. Vor nur vier Wochen feierte Schönbohm auf einer Party das zehnjährige Bestehen. Aber: Laut den Recherchen von ZDF Magazin Royal (im Bild: Moderator Jan Böhmermann) in Zusammenarbeit mit dem Recherchenetzwerk Policy Network Analytics sollen Mitglieder dieses Vereins Verbindungen zu russischen Geheimdienstkreisen haben.
Es geht um die Firma Protelion, die Sicherheitssoftware herstellt und an deutsche Unternehmen verkauft. Denn: Protelion hieß bis 2022 Infotecs. Und Infotecs wurde 1991 von dem russischen Geschäftsmann Andrey Chapchaev gegründet, der ein Jahrzehnt in der Forschungsabteilung des KGB verbracht hat. Dass berichtete Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale.
Böhmermann berichtete weiter, dass ein Dekret von Wladimir Putin (im Bild) am 14. Juni vorsieht Andrey Chapchaev den Verdienstorden für das Vaterland zu verleihen als Würdigung für die 30-jährige Tätigkeit seines Cyber- Sicherheitsunternehmens Infotecs.
Die Sicherheitssoftware, die Protelion verkauft, genannt ViPNet VPN ist, laut ZDF Magazin Royale, auch auf der Webseite von Infotecs zu finden. Ein weiteres Indiz, dass beide Firmen zusammengehören.
Im Bild ein Tweet von ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann und dem Logo der Protelion GmbH.
Die Recherchen des ZDF Magazin Royal zeigten, dass Protelion und Infotecs ihren Sitz nicht nur im selben Gebäude in Berlin haben. Laut Böhmermann stand an der Klingel von Protelion "bitte bei Infotecs klingeln". Kurz nach der Sendung hatte sich die Situation an der Klingelanlage verändert wie man auf dem Tweet von ZDF Magazin Royal sieht.
Die zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (im Bild) hatte nach der Sendung wie folgt reagiert: "Im Moment muss ich Ihnen einfach sagen, das sind ernstzunehmende Vorwürfe". Jetzt soll die Sachlage geprüft werden, um dann die notwendigen Schritte einzuleiten.
Die erste Konsequenz war, dass ein seit Wochen geplanter gemeinsamer Auftritt von Faeser und Schönbohm zur Vorstellung des BSI-Jahresberichtes vor der Bundespressekonferenz abgesagt wurde.
Im Bild: Innenministerin Nancy Faeser und BSI-Chef Arne Schönbohm am 8. August 2022
Und noch etwas passierte: "Der Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. schließt die Protelion GmbH mit sofortiger Wirkung aus." Das kann man auf der Webseite des Vereins lesen.
Der Verein und sein Präsident weisen die Vorwürfe aber zurück, Beziehungen zu staatlichen russischen Stellen zu unterhalten. Dazu erklärt Präsident Hans-Wilhelm Dünn (im Bild bei Welt TV): "Die Vorwürfe gegen den Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V., von russischen Stellen beeinflusst zu sein, sind absurd. Es handelt sich um Anschuldigungen gegen ein einziges Mitglied des CSRD e.V.. Die Protelion GmbH bzw. ihre Vorgängerfirma Infotecs GmbH sind im Juni 2020 in den Verein eingetreten. Seitdem gab es weder Gespräche noch gemeinsame Projekte mit Vertretern des Unternehmens. Dementsprechend konnte auf der Vereinsplattform und im Umfeld des CSRD e.V. keine Einflussnahme stattfinden.“
Abgeordnetenwatch.de veröffentlichte auf Twitter über den 'Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. folgendes: "Angaben zum Lobbybudget: verweigert. Jahresabschluss: geheim. Kontaktadresse: Co-Working-Space."
Nur im BSI schien Unwissen zu herrschen. Oder auch nicht. Schönbohm hatte den rund 1300 Mitarbeitern seiner Behörde die Teilnahme an Veranstaltungen des Vereins Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. verboten. Überraschend wenn man bedenkt, dass er selbst an der Jahresfeier teilgenommen hat.
Arne Schönbohm wurde 1969 in Hamburg geboren und ist Diplom-Betriebswirt. Am 1. Februar 2016 wurde er auf Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik ernannt. Schon damals gab es Kritik. Wegen seiner Verbindung zum Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. und auch wegen seiner fragwürdigen Kompetenz in der Thematik.
Sein Vater war Jörg Schönbohm (im Bild 2007), der 2019 verstarb. Er war CDU Politiker und Generalleutnant der Bundeswehr.
Dass die Recherchen, die diesen Skandal in die Schlagzeilen gebracht haben und zur Freistellung von Arne Schönbohm geführt haben von einer Satiresendung kommen, sollte vielleicht nachdenklich machen.
Im Bild: Jan Böhmermann 2020 bei dem Award 'Journalist des Jahres'.
Wer den wichtigen Posten des Verantwortlichen für Cybersicherheit in Deutschland bekommt, steht noch nicht fest. Wollen wir hoffen, dass das Innenministerium diesmal eine bessere Wahl trifft!