Das Chaos auf den deutschen Flughäfen geht weiter: wer ist verantwortlich?
Die Sommerferien haben angefangen, die Koffer sind gepackt - aber das Fliegen wird zum Alptraum! Endlose Schlangen, verlorenes Gepäck, gestrichene Flüge... Personalmangel ist das Problem. Aber wie kann das sein nach den staatlichen Hilfen während der Corona-Krise? Was ist los auf den deutschen Flughäfen und wer ist verantwortlich?
Fluggäste, die in München am letzten Wochenende im Juni einen Zwischenstopp hatten, warten seit einer Woche auf ihre Koffer. Die Lufthansa teilte am Freitag, den 1. Juli 2022 mit: "Es ist richtig, dass seit dem letzten Wochenende rund 3.000 Gepäckstücke in München lagern."
Im Bild: Flughafen München am 1. Juli 2022.
Ein Gewitter sowie Einschränkungen bei der Flugsicherung führten dazu, dass Umsteiger ihren Anschlussflug teilweise nicht erreichen konnten. So die Begründung. "Wir entschuldigen uns bei unseren Gästen und arbeiten rund um die Uhr mit Hochdruck daran, um Ihnen Ihr Gepäck zuzustellen“, erklärte die Lufthansa.
Merkur.de berichtet, dass es laut Mitarbeitern der Münchner Flughafen GmbH (FMG) an Personal bei den Abfertigern fehlt. Die Leute fliegen weiter, aber ohne ihr Gepäck. Da herrscht Chaos.“, sagte ein Beschäftigter dem Merkur.
Im Bild: ein Thai Airways Airbus A350 wird am 1. Juli am Münchner Flughafen mit Gepäck beladen.
Der Flughafen Köln-Bonn hat alle Reisenden aufgefordert zweieinhalb Stunden vor Abflug im Flughafen zu sein, da mit langen Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle, dem Check-in und der Gepäckabfertigung zu rechnen ist. Hier Passagiere, die am 30. Juni auf das Check-in warten.
Die Mallorca Zeitung berichtet über die Odyssee von Urlaubern auf dem Weg nach Mallorca. Ihr Ryan Air Flug von Köln-Bonn verspätete sich immer wieder und flog dann gar nicht. Laut einigen Passagieren, mit denen die Mallorca Zeitung gesprochen hat, dauerte es ewig bis Busse sie wieder ins Terminal brachten. Auf Anfrage der Mallorca Zeitung erklärte ein Sprecher des Flughafens "nach einem abendlichen Gewitter und den daraus resultierenden Verzögerungen im Betriebsablauf des Flughafens hat die Bereitstellung der Busse im konkreten Fall einige Minuten länger gedauert als gewöhnlich".
Im Bild Menschenmengen, die am 30. Juni versuchen im Flughafen Düsseldorf bei Eurowings einzuchecken. Die Lufthansa-Tochter hatte bereits am 21. Juni angekündigt, dass sie wegen fehlendem Personal Flüge streichen wird.
"Wir gehen davon aus, die Lage dadurch bis Ende Juni stabilisieren zu können", so der Sprecher des Unternehmens gegenüber der Tagesschau. Das hat offensichtlich nicht geklappt!
Nicht nur Eurowings, auch Lufthansa streicht Flüge. Die Fluggesellschaft teilte mit, dass die Ausfälle im Juli fünf Prozent der Flüge an den Wochentagen Freitag, Samstag und Sonntag betreffen werden. Der Grund: Personalmangel.
"Über alle Standorte hinweg fehlen den Dienstleistern, die an der Abfertigung der Passagiere beteiligt sind, rund 20 Prozent Bodenpersonal im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit", so die Erklärung des Hauptgeschäftsführers des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel. Die verheerende Folge für die Fluggäste: Engpässen beim Check-in, bei Sicherheitskontrollen und bei der Gepäckabfertigung.
Dazu kommen, laut der Fluggesellschaften und der Flughafenbetreiber, Krankschreibungen wegen Corona.
Im Bild: Sicherheitskontrolle im Flughafen BER im März 2022.
Laut Bundesverkehrsministerium fehlen in allen Bereichen der Luftverkehrswirtschaft rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Bundesregierung will diese Personalengpässe an deutschen Flughäfen durch den Einsatz von ausländischen Beschäftigten ausgleichen. Das kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (links im Bild) zusammen mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (rechts im Bild) an.
Vor allem aus der Türkei sollen die Hilfskräfte kommen und laut Arbeitsminister Heil sollen sie von den Luftfahrtunternehmen und Flughafengesellschaften nach Tariflohn bezahlt werden. Wie lange die Umsetzung des Plans dauert, ist aber ungewiss. Und die Sommerferien sind im vollen Gange...
Der Chef der Pilotenvereinigung Cockpit, Stefan Herth, hält den akuten Personalmangel für selbstverschuldet. Er erklärte, die Unternehmen hätten die Pandemie als Vorwand genutzt, Stellen abzubauen und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Jetzt habe die Branche insgesamt für Arbeitnehmer an Attraktivität verloren.
Der Staat habe Fluggesellschaften und Airports in der Corona-Krise mit massiven Wirtschaftshilfen unter die Arme gegriffen, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Es wäre Aufgabe der Unternehmen gewesen, in ausreichendem Maße Vorsorge zu treffen." Auch die Tourismus-Beauftragte Claudia Müller (Grüne) wirft Flughafenbetreibern und Airlines massive Fehler bei der Personalplanung vor.
Die Tagesschau berichtet, dass die durchschnittliche Wartezeit an der Sicherheitskontrolle im Flughafen von Rom im Juni weniger als drei Minuten betrug und das aufgegebene Gepäck in durchschnittlich 20 Minuten da war. Diese Effizienz liegt, laut Tagesschau, an der Tatsache, dass alle Security-Beschäftigten Angestellte des Flughafens sind und nicht von Fremdfirmen, wie es bei den deutschen Flughäfen Frankfurt, Köln-Bonn oder Berlin der Fall ist. Außerdem, so die Tagesschau weiter, ist am Flughafen Rom während der Covid-Zeiten niemand aus dem Sicherheitsteam entlassen worden.
Eine zeitnahe Lösung des Problems ist nicht in Sicht. Und die sommerliche Reisesaison hat gerade erst angefangen. Wer also per Flugzeug in den ersehnten Urlaub will, braucht starke Nerven, viel Geduld und sollte auf alle Fälle das Nötigste als Handgepäck mit in den Flieger nehmen!