Das Monster von Amstetten: Josef Fritzl zieht in Luxus-Zelle
Neues zum Inzestfall von Amstetten: Der wohl berühmteste Straftäter in Österreich wartete lange auf diesen Augenblick. Denn der 89-Jährige wartet auf seine neue „Bleibe“, wie der Drei-Richterinnen-Senats am 14. Mai schriftlich beschlossen hat. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Josef Fritzl, der sich jahrelang an seiner Tochter vergangen hatte, ist in eine neue Luxus-Zelle eingezogen.
Neben seiner Haftstrafe wurde Fritzl auch in eine Anstalt für geistig abnorme, aber zurechnungsfähige Straftäter eingewiesen. In der neuen Zelle "lebt er richtig auf" sagt seine Top-Anwältin. Vielleicht liegt dies auch daran, dass eine mögliche Freilassung zu erwarten ist. Astrid Wagner wird ihre Anstrengungen fortsetzen, um sicherzustellen, dass Fritzl, der bereits körperlich beeinträchtigt ist, seinen Lebensabend frei verbringen kann. Sie müsste dafür noch einige Bewerbungen einreichen und einen geeigneten Platz für den Rentner finden.
Laut eines psychiatrischen Gutachtens der Sachverständigen Heidi Kastner liegen die medizinischen Unterbringungsvoraussetzungen laut Gesetz nicht mehr vor. Fritzl habe Demenz und es seien keine strafbaren Handlungen mehr zu erwarten, da er durch mehrere Stürze darüber hinaus auch "körperlich angeschlagen" sei. Laut 'Kronen Zeitung' entscheidet das Gericht ausgehend davon jetzt, ob Fritzl in den Normalvollzug verlegt werden kann.
Darüber hinaus könnte der 1935 geborene Fritzl auch vorzeitig entlassen werden, denn nach österreichischem Recht würde er die Voraussetzungen dafür seit 2023 erfüllen. Das Landgericht Krems bestätigte, dass laut dem neuen Gutachten durch seine Erkrankung "Prognosetaten mit schweren Folgen nicht mehr eintreten werden."
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Im Interview mit 'ORF.at' sagte Alois Birklbauer, Professor für Strafrecht an der Johannes Kepler Universität Linz: "Die schwierige Situation ist natürlich, dass so eine Entlassung einen sogenannten sozialen Empfangsraum benötigt, in den entlassen werden kann." Dafür sei eine Vorbereitungszeit von mindestens 3 Monaten notwendig.
Seit einigen Jahren erklärt seine Anwältin Astrid Wagner immer wieder, dass von Fritzl keine Gefahr mehr ausgehen würde. Gegenüber den 'Niederösterreichische Nachrichten' beschrieb sie ihn im April 2023 als "nicht mehr gefährlich". Sie gab dieses Interview wenige Wochen nachdem ihr Antrag auf Entlassung Fritzls aus dem Maßnahmenvollzug erneut abgelehnt wurde. Zwei Jahre zuvor hatte der Neurologe Wolfgang Soukop Josef Fritzl in einem Gutachten eine narzisstische Persönlichkeit zugeschrieben. Jetzt will die Anwältin erreichen, dass Fritzl in ein Pflegeheim kommt.
Als die Verbrechen von Josef Fritzl im Jahr 2008 bekannt wurden, war die Welt fassungslos und schockiert. Denn bis dahin galt er als und verantwortungsvoller Familienvater, der mit seiner Frau und seinen Kindern im niederösterreichischen Amstetten ein beschauliches Leben führte und sich liebevoll um die Kinder seiner verschollenen Tochter kümmerte.
Fritzl hatte am 28. August 1984 seine damals 18-jährige Tochter Elisabeth in den Keller des Hauses gelockt, betäubt, gefesselt und in einen eigens als Zelle vorbereiteten Raum eingesperrt - ohne Tageslicht. Einen Tag später wurde sie als vermisst gemeldet, nach einigen Wochen tauchte ein Brief auf, in dem die Tochter darum bat, nicht gesucht zu werden.
In den folgenden Jahren misshandelte und missbrauchte Fritzl seine Tochter, die den Keller, den ihr Vater zuvor schalldicht isoliert hatte, nicht verlassen durfte. Elisabeth bekam sieben Kinder, wovon eines kurz nach der Geburt starb. Seiner Frau Rosemarie, die nichts über den Verbleib ihrer Tochter wusste, erzählte Fritzl, Elisabeth habe sich einer Sekte angeschlossen. So konnte er auch erklären, dass drei der angeblichen Enkelkinder zusammen mit einem Brief der Mutter vor der Haustüre abgelegt wurden und anschließend bei ihm und seiner Frau aufwuchsen.
Im April 2008 hatte das 24 Jahre andauernde Martyrium schließlich ein Ende. Kerstin, das älteste Kind, das im Keller lebte, wurde schwer krank, sodass ihre Mutter den Vater darum bat, sie in das Landesklinikum Mostviertel Amstetten zu bringen. Die Ärzte wurden misstrauisch, da der von der mittlerweile 42-jährigen Elisabeth beigelegte Brief nur vage Angaben zum Krankheitsverlauf beinhaltete und informierte die Behörden. Unter Druck gesetzt brachte Fritzl seine Tochter schließlich ebenfalls ins Krankenhaus, wo dann kurz darauf das ganze Ausmaß des Verbrechens ans Licht kam.
Der Österreicher musste sich im März 2009 wegen Mordes durch Unterlassung, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und Blutschande vor Gericht verantworten und wurde zu einer lebenslangen Hafstrafe verurteilt.
(Bild: Demonstranten protestieren vor dem Gerichtsgebäude in Sankt Pölten am 16. März 2009)
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Im Jahr 2023 hat der Straftätere zusammen mit seiner Anwältin Astrid Wagner seine Biografie geschrieben, die mittlerweile auch ins Englische übersetzt wurde. Das Buch mit dem Titel 'Die Abgründe des Josef F.' sorgte für einen weiteren Skandal.
Laut 'Bild' soll das Buch eine Warnung an alle sein, was passieren kann, wenn man sich nicht mit seinen Problemen beschäftigt und "wie schnell wirklich schlimme Dinge passieren können". Dennoch will Fritzl, dass die Menschen seine Biografie "ohne Vorurteile mir gegenüber lesen."
Im Buch beschreibt der Österreicher zunächst sein Leben während dieser 24 Jahre und sein Dilemma: "Es gab niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte. Ich musste den von mir eingeschlagenen Weg weitergehen." Auch bei seiner Verhaftung 2008 hätte er sich "alleine gelassen" gefühlt.
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Zur Vergewaltigung seiner eigenen Tochter schreibt Fritzl laut 'Kronen Zeitung': "Es ist längst nicht alles so geschehen, wie es in den Medien dargestellt worden ist." Er sei kein Monster, wie die Medien ihn beschreiben, denn nach seiner Festnahme habe er viele Briefe von Menschen bekommen, die ihm Mut zugesprachen haben. Auch Liebesbriefe von Frauen hätte er erhalten.
Für seine Zukunft hat der 1935 geborene Mann große Pläne, denn er will 130 Jahre alt werden. Im Interview mit der 'Sun' erzählte er von seinem täglichen Fitnessprogramm, um auf seine Freilassung gut vorbereitet zu sein. Außerdem würde er auf seine Ernährung achten, viel Wasser trinken und sei fest davon überzeugt, das er seine Familie eines Tages wiedersehen würde.
Laut 'Blick' beschreibt Fritzl in seinem Buch, das er seinen Lebensabend in Freiheit verbringen möchte. Er würde dann gerne wieder in seine Heimatstadt ziehen und dort "vielleicht ein kleines Geschäft aufziehen" und "eine gemütliche Wohnung anmieten."
In 'Die Abgründe des Josef F.' erzählt der Häftling, dass er neben der 6 Kinder mit seiner Tochter noch weitere uneheliche Kinder habe, von denen lange niemand wusste. Diese entstanden aus Affären während seiner Geschäftsreisen, unter anderem in Indien.
Auf einen Sohn, den er angeblich mit einer Frau aus Ghana hat, ist er besonders stolz, "weil er mittlerweile ein angesehener Anwalt ist."
(Foto: Fritzls Gartenhäuschen in der Waidhofner Straße)
Der Straftäter spricht im Buch auch über seine Frau und versucht sich zu rechtfertigen: "Ich habe mich immer gut mit ihr verstanden. Aber wir hatten eben sehr unterschiedliche Lebensbereiche … Ich hab halt immer irgendwie das Abenteuer gesucht." Weil er in Wirklichkeit ein guter Mensch sei, würde er nicht verstehen, warum seine Frau Rosemarie keinen Kontakt mehr zu ihm möchte.
"Ich finde, dass es an der Zeit wäre, über das Geschehene zu reden. Sozusagen reinen Tisch zu machen. Wir sind jetzt 69 Jahre verheiratet, das kann man doch nicht einfach so auslöschen!", steht in seinem Buch. Doch er war derjenige, der sich 2012 von seiner Frau scheiden ließ, womit diese ihre Ansprüche auf seine Pension verlor und seitdem auf die österreichische Notstandshilfe angewiesen ist.
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Die Gerichtsmedizinerin Heidi Kastner beschreibt Fritzl laut 'Heute.at' als "Meister des Verdrängens und der Manipulation". Seine Frau wäre ebenfalls "Opfer seiner kranken Bedürfnisse" gewesen und hätte sich erst von ihm distanziert, als seine Straftaten ans Licht kamen.
Auch wenn das Buch laut Medienberichten insgesamt nicht den Eindruck erweckt, dass er sein Handeln bereut, heißt es in einer Passage, "ich bereue meine Verbrechen und den Schmerz, den ich verursacht habe. Es tut mir außerordentlich leid. Ich würde so etwas nie wieder tun." Außerdem vermisse er seine Familie und Enkelkinder, glaube aber fest daran, sie wieder zu sehen und, dass sie ihm verzeihen werden.
Doch welche Einstellung hat Astrid Wagner, seine Anwältin und Mitautorin des Buches? Hatte er das Recht, so etwas zu veröffentlichen? Im Vorwort ergreift sie für ihn Partei: "Jeder Mensch hat das Recht, gehört zu werden. Wer auf der Suche nach den Ursachen von Kriminalität ist, wer menschlichen Abgründen auf die Spur kommen will, wer einen offenen, neugierigen Geist besitzt, der liegt mit diesem Buch genau richtig."
Der Häftling der Justizanstalt Stein (Krems an der Donau) hat laut 'Kronenzeitung' 2017 die Änderung seines Nachnamens beantragt. Dies wurde vom Standesamt Krems genehmigt. Gegen eine Gebühr von 545 Euro darf er sich seitdem Mayrhoff nennen. Zu den Gründen hat sich der Insasse mit Kennung HNR 90632 nicht geäußert, Medien spekulieren jedoch, dass er für neue Mitgefangene und die jüngere Generation anonym sein möchte. Laut 'Sun' vermeidet er es, auf den Gefängnishof zu gehen, aus Angst, verprügelt zu werden.
Laut 'Kurier' ist im Horrorhaus von Amstetten nach langem Leerstand und nach einer Zwangsversteigerung Normalität eingekehrt. Es wurde in ein Mehrparteienhaus umgebaut und der Keller 2014 zubetoniert. Mittlerweile sind alle 9 Wohnungen vermietet und viele haben keinen Bezug mehr zum Fall, der damals die Gemeinde erschütterte.
(Bild: Das Haus im Jahr 2008)
Die Identität von Elisabeth und ihrer Kinder wurde weitgehend unter Verschluss gehalten. Nach ihrer Befreiung wurden sie ein Jahr lang umfassend psychologisch betreut und vom Opferschutzfonds unterstützt. Seit Dezember 2008 leben sie laut '20 Minuten' an einer unbekannten Adresse in Österreich.
Wie die Tageszeitung 'Österreich' 2009 berichtete, veröffentlichte die 'Sun' jedoch Bilder von Elisabeth und einer ihrer Töchter. Die Anwälte der Opfer verfassten daraufhin eine Stellungnahme: "Die Betroffenen erleben das als unzumutbare Beeinträchtigung ihres Lebens in Freiheit." Außerdem wünsche die Familie keinen Kontakt zur Presse und wolle auch keine Interviews geben.
Die Bilder wurden im deutschsprachigen Raum aus rechlichten Gründen nicht veröffentlicht.
Laut einem Artikel der 'Bild' aus dem Jahr 2008 geht es Elisabeth und ihren Kindern den Umständen entsprechend gut. Fritzls Schwägerin Christine R. äußerte sich zum Gesundheitszustand der Familie: "Die Kinder sind in Ordnung, gröbere Schäden sind nicht zurückgeblieben." Elisabeth selbst habe sich neu verliebt und zwei ihrer Kinder würden studieren. Nur einer ihrer Söhne musste nach der Gefangenschaft das aufrechte Gehen lernen, da er viel zu groß für den 1,74 Meter hohen Keller war.
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