Fast wie Außerirdische: der intelligente Einzeller und die Überlebenskünstler
Es hat kein Gehirn, keine Augen, keinen Mund und weder Arme noch Beine. Aber dafür 720 Geschlechter, und die Wissenschaftler sagen, dass Blob intelligent ist.
Das Wesen ist weder Tier noch Pflanze und auch kein richtiger Pilz. Es ist ein Schleimpilz, aber die haben mit herkömmlichen Pilzen nichts zu tun, sondern gehört zu den Amöben, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Der menschliche Körper besteht - zum Vergleich- aus vielen Millionen Zellen.
Sein richtiger Name ist Physarum polycephalum. Der Spitzname Blob kommt von dem Horrorfilm 'Blob – Schrecken ohne Namen' von 1958, in dem ein außerirdisches Wesen namens Blob alles fraß was ihm in die Quere kam. Der echte Blob ernährt sich aber zum Glück nur von Pilzen und Bakterien.
Im Bild: Kinoplakat des Films 'The Blob', 1958.
Das merkwürdige Wesen kann Nahrung ohne Mund und Magen zu sich nehmen, indem es sie mit Hilfe eines Enzyms verdaut.
Untersuchungen haben gezeigt, dass der Organismus in einem Labyrinth den kürzesten Weg finden kann und bereits besuchte Bereiche durch die Spur seines Schleims markiert – und das alles ohne Gehirn.
Die französische Forscherin Audrey Dussutour, Spezialistin für Tierverhalten, ist Co-Autorin einer Studie über Blob, die belegt, dass dieser einzellige Organismus, der wie ein "anamorphes Omelett" aussieht, trotz des Fehlens von Neuronen lernfähig ist.
Im Bild: Audrey Dussutour hält einen Blob in ihrem Labor im Forschungszentrum für Tierkognition des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Toulouse 2019.
Laut den Forschern kann der Einzeller gelerntes Wissen sogar weitergeben. Dazu müssen nur zwei Blobs zusammengebracht werden und der eine Organismus überträgt sein Wissen auf den anderen.
Die Fortpflanzung des Blob läuft nicht wie bei vielen anderen Lebewesen ab, wo Ei- und Samenzelle miteinander verschmelzen. Blob überträgt Informationen direkt von einer Spenderzelle auf eine Empfängerzelle, was auf 720 verschiedene Arten passieren kann. "Von Geschlechtern zu sprechen ist also etwas ungenau", erklärt die Wissenschaftlerin Audrey Dussutour.
2019 wurde das mysteriöse Lebewesen zum Star im Pariser Zoo. Hier stellten seine Pfleger fest, dass Blob Haferflocken liebt und sich durchaus bewegt um sie zu finden. Und zwar mit einer Geschwindigkeit von vier Zentimeter pro Stunde.
Im Bild: Bildschirm im Pariser Zoo 2019, auf dem ein vergrößertes Bild eines Physarum Polycephalum zu sehen ist.
Der Schleimpilz ist fähig sein Volumen pro Tag zu verdoppeln und auf mehrere Quadratmeter anzuwachsen. Schneidet man Blob in der Mitte durch, ist die Zelle innerhalb von zwei Minuten wieder funktionstüchtig. Kein Wunder, dass das Lebewesen schon seit fast einer Milliarde Jahren existiert und die Wissenschaftler fasziniert sind.
"Dieses Lebewesen gehört zu den Mysterien der Natur“, das sagte Bruno David, Direktor des Pariser Naturkundemuseums gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Und es ist nicht das Einzige...
Sie gelten als echte Überlebenskünstler, die sowohl extremste Temperaturen als auch radioaktive Strahlung, Sauerstoffmangel oder Trockenheit aushalten. Aber sind die Bärtierchen wirklich unverwüstlich?
Eine Eigenschaft der Tiere ist die Kryptobiose ein todesähnlicher Zustand, in dem sie extreme Umweltbedingungen überdauern können.
Sie leben im feuchten Moos oder in der Tiefsee, in der Antarktis, im Regenwald oder im Garten hinterm Haus. Also eigentlich überall, aber sie zu sehen ist trotzdem extrem schwierig...
Der Grund: sie werden nur zwischen 100 und 1500 Mikrometer groß. Mit Bären haben sie nichts gemeinsam, die Namen Bärtierchen oder auch Wasserbären entstanden, weil ihre behäbigen Bewegungen an die von Bären erinnern. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Tardigrada, was man mit "langsame Schritte" übersetzen könnte.
Eine Studie aus dem Jahr 2006 zeigte, dass inaktive Bärtierchen sogar eine halbe Stunde lang eine Temperatur von 151 Grad Celsius aushalten.
"Ich vermute, dass sie im eingefrorenen Zustand Jahrzehnte überleben können", erklärte 2013 der Zoologe und Biologe Georg Mayer (im Bild) des Instituts für Biologie in Leipzig. Er und seine Kollegen wiesen bei den Tieren bisher unbekannte Elemente des Nervensystems nach.
Langanhaltende Wärme bekommt ihnen aber offensichtlich nicht. Das zeigt eine Studie (veröffentlicht in scientific reports), die der Biologe Ricardo Neves von der Universität Kopenhagen durchgeführt hat.
Das Resultat: 50 Prozent der Tiere, die 24 Stunden lang einer Temperatur von 37,1 Grad Celsius ausgesetzt waren, starben.
Das bedeutet, dass sogar diese als Überlebenskünstler berühmten Tiere unter dem Klimawandel und der Erderwärmung leiden könnten.
2019 hatte eine israelische Raumsonde eine Bruchlandung auf der Mondoberfläche. An Bord waren auch jede Menge Bärtierchen, die bei dem Crash freigesetzt wurden. Wer weiß, ob sie jetzt auf dem Mond weiterleben...
Die seltsamsten Tiere der Welt! Ein unsterbliches ist auch dabei