"Frugalist" Lars Hattwig muss mit Mitte 40 nie wieder arbeiten
"Frugalismus" - Der zunächst exotisch klingende Begriff beschreibt ein spezielles Lebensmodell, welchem sich die sogenannten "Frugalisten" verschreiben. Das Ziel dabei: Zuerst möglichst viel Geld sparen und dann möglichst früh nie wieder auf Lohnarbeit angewiesen sein müssen - so wie Lars Hattwig.
Der Deutsche Lars Hattwig hat es geschafft: Der 47-Jährige ist seit einigen Jahren auf kein Gehalt mehr angewiesen. Dafür hat er jedoch zuvor als "Frugalist" äußerst sparsam gelebt.
Der Begriff "Frugalismus" stammt von dem englischen Wort "frugal", welches 'sparsam' oder 'genügsam' bedeutet.
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Frugalismus kann als Lebensstil beschrieben werden. Dabei ist das Ziel, so sparsam zu leben, dass man möglichst früh so viel angespart hat, dass man von diesen Ersparnissen bis zum Lebensende leben kann und somit unabhängig von bezahlter Arbeit wird. Personen, die diesen Lebensstil umsetzen, werden Frugalisten genannt.
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Der Frugalismus als Lebensstil ist ein noch junges Phänomen. Entstanden ist er in den USA nach der Wirtschaftskrise vor circa zehn Jahren.
Das Institut für Trend- und Zukunftsforschung in Heidelberg sagt laut dem Stern: "Die Amerikaner machen die Erfahrung, dass viele Landsleute nach wie vor sehr bewusst darauf achten müssen, ihr Geld zusammenzuhalten."
Laut den Trendforschern kann auch im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie eine neue Welle der Sparsamkeit gesehen werden. So haben viele Menschen durch die schwierigeren wirtschaftlichen Zeiten während der Pandemie ihr Konsumverhalten geändert und sind sparsamer geworden, wie Forbes berichtet.
Allerdings kann Sparsamkeit (im Englischen: Frugality) nicht mit Frugalismus (im Englischen: Frugalism) gleichgesetzt werden. Der reinen Sparsamkeit fehlt der dem Frugalismus zugrunde liegende Plan des Erreichens einer finanziellen Unabhängigkeit über das Ersparte. Sparsamkeit ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Frugalismus.
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Frugalisten haben zum Ziel, zwischen 50 und 80 Prozent ihres Einkommens zu sparen. Bei einem Verdienst von 3.000 Euro wären dies also mindestens 1.500 Euro, besser noch 2.300 Euro.
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Lars Hattwig hat diesen hohen Spargrad laut dem Stern unter anderem durch sehr genügsame Methoden erreicht: Keine Reisen, kein Weggehen mit Freunden, mit dem Rauchen aufhören, nur eine brennende Glühbirne in der Wohnung und die Anweisung an Besuch, die Toilettenspülung möglichst kurz zu drücken.
Frugalist Hattwig hatte mehrere Jahre 70 Prozent seines Einkommens zur Seite gelegt und lebt nun von den Ersparnissen sowie der Dividende. Zusätzlich arbeitet er selbständig als Finanzberater - aber nicht aus finanziellen Gründen, sondern, weil er es möchte.
Hattwig hatte zuvor als Meteorologe gearbeitet. Er sagt jedoch auch, dass für einen frugalistischen Lebensstil ein Einkommen oberhalb des Existenzminimums notwendig ist, damit überhaupt ein ausreichender Anteil gespart werden kann.
Zahlen dazu, wie viele Menschen frugalistisch leben oder sich so ihre finanzielle Unabhängigkeit 'erspart' haben, gibt es nicht. Hattwig schätzt jedoch, dass dies nur ein kleiner Teil der Gesellschaft ist.
Frugalismus hat als neuer Trend jedoch nicht nur positive Seiten. So kann extremes Sparen laut der "American Psychiatric Association" (kurz: APA), der US-amerikanischen Fachgesellschaft der Psychiater, auch das Symptom einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung (OCDP) sein.
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Nicht nur das extreme Geldausgeben, sondern auch das extreme Gelsparen können somit Symptome einer psychischen Krankheit sein. Allerdings ist hierbei relevant, ob es sich bei dem extremen Sparen um ein zwanghaftes Verhalten handelt oder, ob ein geplantes Verhalten dahintersteht. Letzteres ist beim Frugalismus mit dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit der Fall.
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Die US-Amerikanerin Elizabeth Willard Thames hat es laut The Guardian noch früher geschafft als der Deutsche Hattwig: Sie gab ihre Karriere in der Stadt auf, ging bereits mit 32 in "Rente" und lebt heute in einem Haus im Grünen in Vermont, USA. Jedoch nicht durch das Ansparen von Vermögen, sondern durch eine dauerhaft sparsame Lebensweise.
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Willard Thames sagt: "Am Anfang ging es uns darum, Geld zu sparen, aber es ging um viel mehr als das. Es wurde eine umfassende Umstellung des Lebensstils."
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Für Willard Thames und ihre Familie bedeutet dies allerdings, dass sie den sparsamen Lebensstil auch in Zukunft fortführen müssen, da sie im Gegensatz zu Hattwig nicht auf das angesparte Vermögen zurückgreifen können.
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Für Hattwig ist die mit dem Frugalismus verbundene dauerhafte Sparsamkeit laut dem Stern jedoch kein dauerhaftes Lebenskonzept: "Irgendwann kommt man an den Punkt, da kann man den Gürtel nicht mehr enger schnallen." Hattwig lebt zwar immer noch sparsam, gönnt sich aber nun auch Reisen oder Restaurantbesuche.