Haftstrafe für Jesuiten-Pater?: Der erste geistliche "Klimakleber" steht vor Gericht

Jesuiten-Pater als
Auf dem Stachus festgeklebt
Angeklagt wegen Nötigung im Straßenverkehr
Aufmerksam machen auf Klima-Katastrophe
Demonstration von
Nicht die erste Klebe-Aktion des Paters
1.200 Euro oder 30 Tage Haft
Radikale Gruppe
Verkehrsminister über
Blockaden in Berlin
Haftstrafe für Klimakleber?
Trotz Strafe weitermachen
Bewunderung durch Bundeswirtschaftsminister
Ernsthaftigkeit und Wille zur politischen Teilhabe
Protestformen überdenken
Präsident des Verfassungsschutzes sieht keinen Anlass
Vergleich mit linker Terrorgruppe ist
Verfassungsschutz hat
Angriff auf Grundgesetz-Denkmal
Erdöl oder Grundrechte?
Mehrere Strafverfahren eingeleitet
Kritik aus der Politik
Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen
Die
Kleben für das Klima
Über 1.000 Straßenblockaden
Der Anfang der
Hungerstreik für die Klimawende
Durch Hungerstreik zum Gespräch mit dem Bundeskanzler
Nicht nur Straßensperren
Über 1.200 Mal Polizeigewahrsam
Wer sind die Gründer?
Warnung vor
Rechtsbruch auf Seiten der Bundesregierung
Friedliche Proteste
Akt des zivilen Widerstands
Staus durch Straßenblockaden
Finanzierung über Spendengelder ohne Spendenquittung
Unterstützung der Aktionen durch die Bevölkerung?
Jesuiten-Pater als "Klimakleber"

Die Klima-Aktivisten der "Letzten Generation", die auf Grund ihrer Protestform, sich auf Straßen festzukleben, umgangssprachlich auch "Klimakleber" genannt werden, finden immer mehr Anhänger und werden in ihren Aktionen zunehmend radikaler. Nun steht mit einem Jesuiten-Pater der erste geistliche "Klimakleber" vor Gericht.

Auf dem Stachus festgeklebt

Bereits im Herbst des letzten Jahres hatte sich Dr. Jörg Alt (61), Jesuiten-Pater aus Nürnberg, gemeinsam mit Aktivisten der Gruppe "Scientist Rebellion" auf dem Stachus in München festgeklebt.

Angeklagt wegen Nötigung im Straßenverkehr

Auf Grund der Klebe-Aktion kam es zu einem großen Verkehrschaos und der Pater wurde wegen Nötigung im Straßenverkehrs angeklagt. Am 3. Mai kam es zum Gerichtsprozess.

Aufmerksam machen auf Klima-Katastrophe

Zu seinem Klebe-Aktivismus sagte der Pater: "Ja, ich habe mich am Karlsplatz festgeklebt. Warum? Mir fällt nichts mehr ein, um auf die Klima-Katastrophe aufmerksam zu machen."

Demonstration von "Scientist Rebellion" vor Gerichtsgebäude

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Angehörige der Gruppe "Scientist Rebellion" mit Schildern und Bannern.

Nicht die erste Klebe-Aktion des Paters

Die Klebe-Aktion des Jesuiten-Paters in München war nicht seine erste: bereits im Sommer vergangenen Jahres klebte sich Alt in Nürnberg fest.

1.200 Euro oder 30 Tage Haft

Im Münchner Prozess wurde Alt zu 1.200 Euro Geldbuße verurteilt - oder ersatzweise 30 Tage Haftstrafe. Der Pater legte Einspruch ein. Der Prozess wird Mitte Mai fortgesetzt.

Radikale Gruppe "Scientist Rebellion"

Die Gruppe "Scientist Rebellion", mit denen Pater Alt gemeinsam per Klebe-Aktion demonstrierte, wurde in Bayern gegründet und bezeichnet sich laut Bayerischem Rundfunk (BR) selbst als radikal. Ihre Klebeaktionen gleichen denen der Klima-Aktivisten der "Letzten Generation", die vor allem aktuell für viel Aufsehen sorgen.

Verkehrsminister über "Letzte Generation"

Verkehrsminister Volker Wissing trifft sich mit Aktivisten der "Letzten Generation". Im Vorfeld sagte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk: "Mich überzeugen die Argumente der Letzten Generation nicht." Weiter gibt Wissing an, dass es ihn wundere, dass die Gruppe "so wenig sinnvolle Vorschläge macht für Klimaschutz und gleichzeitig so radikal vorgeht und mit Straftaten die Gesellschaft blockiert".

Blockaden in Berlin

Vor allem in Berlin gab es seit Mitte April vermehrt Blockaden der Aktivisten der "Letzten Generation". So waren es über zwanzig Aktionen, durch die es zu Staus auf Stadtautobahnen und zentralen Kreuzungen kamen und bei denen bis zu 300 Einsatzkräfte der Polizei im Einsatz waren.

Haftstrafe für Klimakleber?

Eine Klimaaktivistin der Gruppe "Letzte Generation" wurde nun zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt. Die 24-Jährige hatte sich im Sommer des letzten Jahres am Rahmen eines Werkes des Malers Lucas Cranach festgeklebt und zudem an Straßenblockaden teilgenommen.

Trotz Strafe weitermachen

Die Strafe wurde ohne Bewährung verhängt, da die Aktivistin sagte, dass sie mit den Aktionen weitermachen wolle. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Bewunderung durch Bundeswirtschaftsminister

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Foto re.) kritisiert zwar die Formen des Protests der "Letzten Generation", hat aber auch Verständnis und sogar Bewunderung für die Aktivisten, wie der Grünen-Politiker in einem "Bühnentalk" des RedaktionsNetzwerks Deutschland sagt: „Im Grunde bewundere ich die jungen Leute für ihre Courage – alle."

Ernsthaftigkeit und Wille zur politischen Teilhabe

Vor allem die Ernsthaftigkeit und der Wille nach politischer Teilhabe imponiere ihm. "Wenn man so 17 bis 22 ist, dann will man viel, und das, was man will, will man häufig radikal", so Habeck.

Protestformen überdenken

Allerdings appeliert Habeck an die Gruppe, ihre Art des Protests zu überdenken. Sie sollten „Mehrheiten schaffen für euer Anliegen und zieht euch nicht in eine Nische zurück, wo ihr nur unter euresgleichen mehrheitsfähig seid", so der Minister.

Präsident des Verfassungsschutzes sieht keinen Anlass

Zwar werden die Aktionen der "Letzten Generation" immer radikaler, allerdings gibt es für den Verfassungsschutz keinen Grund, die klimaaktivistische Gruppe als extremistisch zu verorten, so der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang.

Vergleich mit linker Terrorgruppe ist "Nonsens"

Bereits zuvor hatte Haldenwang einen Vergleich der Gruppe mit der RAF, der linken Terrorgruppe, als "Nonsens" bezeichnet.

Verfassungsschutz hat "Letzte Generation" im Blick

Allerdings sagte Haldenwang zum Redaktionsnetzwerk Deutschland auch: "Der Verfassungsschutz schaut täglich genau hin, wie sich die Situation weiterentwickelt." Vor allem nach dem Anschlag auf das Grundgesetz-Denkmal in Berlin ist dies auch notwendig.

Angriff auf Grundgesetz-Denkmal

Am 4. März hatten Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" das Denkmal "Grundgesetz 49" in Berlin mit Farbe beschmiert. Die etwa drei Meter hohe Glaswand des israelischen Künstlers Dani Karavan zeigt auf insgesamt 19 Glastafeln die 19 Artikel des Grundgesetzes in ihrer Fassung von 1949.

Erdöl oder Grundrechte?

Auf Twitter kommentierte die Gruppe "Letzte Generation" ihre Tat mit den Worten: "Erdöl verfeuern oder Grundrechte schützen? 2023 geht nur eines von beidem". Denn durch das Verbrennen von Erdöl würde eine "Klimahölle" geschaffen , in der die Grundrechte wie Menschenwürde, Freiheit und Recht auf Leben keine Bedeutung hätten, so die Aktivisten, wie die Tagesschau berichtet. Bei der schwarzen Flüssigkeit, die genutzt wurde und laut den Klimaaktivisten symbolisch für Erdöl steht, handelt es sich wohl um eine Mischung aus Tapetenleim und Farbe.

Mehrere Strafverfahren eingeleitet

Die Polizei nahm die Personalien der beteiligten Personen auf und es wurden mehrere Strafverfahren wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Verstößen gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz und das Gesetz befriedeter Bezirke der Verfassungsorgane des Bundes eingeleitet, so die Tagesschau.

Kritik aus der Politik

Die Aktion wurde von Politikern vielfach scharf kritisiert, so unter anderem von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesjustizminister Marco Buschmann (Foto), dem innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, und Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen

Nancy Faeser fordert strafrechtliche Konsequenzen: "Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, ausgerechnet die Grundrechte zu beschmieren - und das auch noch am Bundestag, dem Herz unserer Demokratie", so Faeser zu Bild am Sonntag.

Die "Klimakleber" der "Letzten Generation"

Mit dieser Aktion wollen die Klimaaktivisten die ihrer Meinung nach unzureichende Klimapolitik der deutschen Regierung und ihre Forderung nach einem schnelleren Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in den Blickpunkt rücken. Umgangsprachlich werden die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" auch "Klimakleber" genannt, denn sie machen unter anderem Straßenblockaden, bei denen sie sich auf die Straße kleben - mit Sekundenkleber. Seit einem Jahr gibt es die Gruppe nun. Wer sind sie und was wollen sie?

Kleben für das Klima

Die Gruppe protestiert auf verschiedene Art und Weise für das Klima und will so die Politik zu einer Wende in der Klimapolitik bewegen. Auf ihrer Website schreibt sie: "Die Regierung ignoriert alle Warnungen. Immer noch befeuert sie die Klimakrise und hat uns damit an den Rand eines Abgrunds gebracht."

Über 1.000 Straßenblockaden

Nach Angaben der Gruppe haben die etwa 2.000 Aktivisten bisher über 1.250 Straßenblockaden durchgeführt - und das in einem Zeitraum von nur etwa einem Jahr seit Gründung der Gruppe.

Der Anfang der "Letzten Generation"

Am 24. Januar letzten Jahres blockierten Angehörige der Gruppe "Letzte Generation" zum ersten Mal Autobahnauffahrten in Berlin. Vorangegangen war diesem Ereignis ein Hungerstreik im Vorfeld der Bundestagswahl im Jahr 2021, wie die Tageszeitung Luxemburger Wort berichtet.

Hungerstreik für die Klimawende

Mit dem Hungerstreik forderten die Aktivisten eine radikale Klimawende. Laut Luxemburger Wort sagten die Gruppenangehörigen, dass "kaum noch Zeit bleibe, eine Vollbremsung bei den schädlichen Klimagasen einzuleiten und eine für Millionen Menschen weltweit tödliche Überhitzung der Erde zu vermeiden".

Durch Hungerstreik zum Gespräch mit dem Bundeskanzler

Durch den Hungerstreik konnten die Aktivisten ein Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz erwirken, so die Luxemburger Wort. Da das Gespräch für die Gruppe jedoch unbefriedigend verlief, begannen sie mit den Straßensperren.

Nicht nur Straßensperren

Neben den Straßensperren hat die Gruppe auch Attacken mit Kartoffelbrei auf Bilder in Museen verübt und an Stadien, Erdölpipelines, Flughäfen und Museen protestiert.

Über 1.200 Mal Polizeigewahrsam

Laut Luxemburger Wort kamen 1.200 Mal Aktivisten der Gruppe bei Protesten in Polizeigewahrsam. Bis Mitte Januar verbuchte die Berliner Polizei nur in der Hauptstadt über 250.000 Einsatzstunden im Zusammenhang mit den Protesten der Gruppe. 770 Personen sind in Berlin als Tatverdächtige aktenkundig und 2.700 Strafanzeigen wurden gestellt, wie die Luxemburger Wort berichtet.

Wer sind die Gründer?

Gegründet wurde die Gruppe "Letzte Generation" unter anderem von der 20-jährigen Lina Eichler und dem Politikstudenten Henning Jeschke. Beide betreiben den Aktivismus für die Gruppe in Vollzeit. Eichler hat für die "Letzte Generation" ihr Abitur abgebrochen, Jeschke sein Studium pausiert, so die Luxemburger Wort.

Warnung vor "Klima-RAF"

Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CDU, warnte vor der Bildung einer "Klima-RAF". Dobrindt bezieht sich hierbei auf die Rote Armee Fraktion (RAF), die als Terrorgruppe über 30 Morde verübte.

"Klimaterroristen" als Unwort des Jahres

Hingegen betont eine Sprecherin der Gruppe "Letzte Generation", Carla Rochel, dass über die Proteste der Gruppe überzogen berichtet werde. Auch die Auswahl des Wortes "Klimaterroristen" als Unwort des Jahres würde zu einer Kriminalisierung der Proteste beitragen, wie die Luxemburger Wort angibt.

Rechtsbruch auf Seiten der Bundesregierung

Sprecherin Carla Rochel bewertet laut Luxemburger Wort die Aktivitäten der deutschen Bundesregierung als Rechtsbruch: "Sie bricht Artikel 20a des Grundgesetzes, wie es derzeit mit ihrer Politik zu Lützerath und LNG-Terminals weiter deutlich wird.“ Denn der Staat solle laut Artikel 20a „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere“ handeln.

Friedliche Proteste

Den Aktivisten der "Letzten Generationen" ist nach eigener Angabe der friedliche Protest wichtig. Zwar erfahren sie selbst teilweise Gewalt: Gründungsmitglied Lina Eichler wurde bei einem Protest bereits von einem Passanten ins Gesicht geschlagen. Eine Gegenreaktion vermeiden die Aktivisten allerdings, dies werde auch trainiert.

Akt des zivilen Widerstands

Die Gruppe sieht ihre eigenen Aktivitäten in der Tradition der Bürgerrechtsbewegung in den USA in den 1960er-Jahren als einen Akt des zivilen Widerstands. Gründungsmitglied Henning Jeschke sagt nach Angabe der Luxemburger Wort: "Gewaltfreie Provokation im Sinne von Aufregung und Empörung - ja." Lina Eichler gibt an, dass die Proteste eine Notwendigkeit seien: "Wir müssen unterbrechen, weil so die Gesellschaft darüber diskutiert."

Staus durch Straßenblockaden

Kritisch werden die Proteste allerdings dann, wenn wie im Herbst vergangenen Jahres Rettungsfahrzeuge auf Grund von durch die Straßenblockaden entstandenen Staus nicht zu ihrem Einsatzort gelangen. Zudem können diese Staus für Berufspendler einige Unannehmlichkeiten bedeuten.

Finanzierung über Spendengelder ohne Spendenquittung

Die Vollzeit-Aktivisten erhalten finanzielle Unterstützung aus Spendengeldern, welche ohne Spendenquittung über die Website oder aus Paypal erfolgen, wie die Luxemburger Wort berichtet. Es handelt sich dabei vor allem um Kleinspenden. Derzeit erhalten so 41 Aktivisten eine Zuwendung für ihre Arbeit für die Gruppe, so eine Sprecherin der "Letzten Generation", Carla Hinrichs. Im Jahr 2022 habe die Gruppe durch Spenden über 900.000 Euro erhalten, wie ein anderer Sprecher der Gruppe, Kim Schulz, angibt. Die Ausgaben beliefen sich auf über 530.000 Euro.

Unterstützung der Aktionen durch die Bevölkerung?

Laut Luxemburger Wort erhält die Gruppe Unterstützung von Wissenschaftlern, Künstlern und Kirchen. Eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsunternehmens Civey hat jedoch ergeben, dass 86% der Befragten angeben, die Aktionen der "Letzten Generation" würden dem Ziel des Klimaschutzes schaden.

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