Immer mehr Sprachprobleme bei Kindern - Und schuld sind die Eltern
Sule statt Schule, Tuchen statt Kuchen, "Ich ein Eis will" - Wie die Kaufmännische Krankenkasse Hannover (KKH) mitteilte, nehmen Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern zu. Welche Rolle die Eltern dabei spielen und was sie tun können, um dem entgegen zu steuern, erfahren Sie hier.
Die KKH kam zu dieser Feststellung mit Blick auf die Versichertendaten. Zu den Sprachentwicklungsstörungen zählen das Vertauschen oder Auslassen von Lauten sowie Stottern, Lispeln oder Verstummen, ein nicht altersgemäßer Wortschatz oder falscher Satzbau, wie Focus berichtet.
Demnach habe der Anteil der KKH-Versicherten zwischen 6 und 18 Jahren im Zeitraum von 2012 bis 2022 um 59 Prozent zugenommen.
Nahezu neun Prozent sind in ganz Deutschland in dieser Altersgruppe betroffen - Jungen jedoch häufiger als Mädchen: beinahe jeder zehnte Junge und jedes 15. Mädchen.
Als Gründe für Sprachentwicklungsstörungen nennt Fokus genetische, anatomische und psychische Gründe. So können unentdeckte Hörstörungen, Fehlbildungen des Kiefers oder familiäre Schicksalsschläge die Kinder in ihrer Sprachentwicklung hemmen.
Aber, und das ist erschreckend: Vor allem das Verhalten vieler Eltern heutzutage nimmt einen immensen Einfluss auf die gehinderte Sprachentwicklung der Kinder!
Besonders gefährlich für die Entwicklung der Kinder: Die Smartphone-Nutzung der Eltern!
Die Logopädin Laura Giglberger stellt in einem Interview mit Focus klar, dass "der hohe Medienkonsum der Eltern und die dadurch fehlende verbale Kommunikation mit ihren Kindern" einer der Hauptgründe für die Sprachentwicklungsstörungen der Kinder ist.
Aber wie und warum wirkt sich die Smartphone-Nutzung der Eltern so drastisch auf ihren Nachwuchs aus?
Kein Smartphone vor 16 Jahren? Ein revolutionärer Pakt zwischen Schulen und Eltern
Kinder lernen über Nachahmung sowie den sogenannten "triangulären Blick". Giglberger erklärt dies anhand des folgenden Beispiels...
Um neue Worte zu lernen und Dinge zu benennen, schaut das Kind auf einen interessanten Gegenstand und dann zu seinen Eltern, um diese so aufzufordernd, den Gegenstand zu benennen.
Indem die Eltern auf diese Weise viele Gegenstände benennen, eignet sich das Kind einen großen passiven Wortschatz und damit ein Sprachverständnis an.
Im nächsten Schritt lernt das Kind diesen Wortschatz aktiv einzusetzen und bildet selbst Sätze.
Wenn Eltern ihren Blick jedoch auf das Smartphone gerichtet halten, gehen sie nicht auf die Blickaufforderungen ihres Kindes ein, wodurch dessen passiver Wortschatz nicht wachsen kann.
Nicht nur die Sprachentwicklung leidet unter der Smartphone-Nutzung der Eltern, sondern auch die Bindungsfähigkeit.
Beim Blick auf das Smartphone bleibt das Gesicht vergleichsweise ausdruckslose. Mimik, die während der Interaktion mit anderen stattfindet, fehlt.
Kinder können in der Interaktion mit "Smartphone-Zombie"-Eltern so zum einen kein Verständnis für Mimik entwickeln und zum anderen reagieren die Eltern nicht auf die Interaktionsgesuche ihrer Kinder.
Heute allgegenwärtig sind Eltern, die ihr Kind im Kinderwagen schieben, am Spielplatz sitzen, während das Kind rutscht, oder mit dem Kind in der U-Bahn fahren - den Blick ständig auf das Smartphone gerichtet.
Für das Kind heißt der Fokus der Eltern auf das Smartphone auch: dort ist etwas, das mir wichtiger ist als du. Die mutige Rutschaktion des Kindes auf dem Spielplatz kriegen Eltern dann gar nicht mit - für das Kind eine Reihenfolge tiefer Enttäuschungen.
Welchen Schaden sie bei ihren Kindern hinterlassen, ist den meisten Eltern nicht bewusst.
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Kinderarzt und Medienreferent im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Till Reckert, sagte zu Zeit Online: "Die kleinen Kinder erleben etwas, dass sie mutmaßlich nicht verstehen: Die erwachsene Bezugsperson ist körperlich da, seelisch aber nicht."
Schon bei Säuglingen kann der Medienkonsum der Eltern während der Versorgung des Babys dazu führen, dass dieses Fütter- und Einschlafstörungen entwickelt, wie die BLIKK-Medienstudie bereits 2017 herausstellte. Dies seien Anzeichen einer Bindungsstörung.
Eltern können diesen negativen Entwicklungen jedoch entgegenwirken. Am effektivsten: Smartphone weglegen! Und stattdessen viel mit den Kindern sprechen. Auch spielen, Geschichten vorlesen und im Alltag eigene Handlungen den Kindern sprachlich erläutern hilft. Und die eigene Smartphone-Zeit einfach abends einbauen, wenn die Kinder schlafen.
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