Kuba im Jahr 2024: Wirtschaftsreform, Ungleichheit und ungewisse Zukunft
Wenige Tage vor Ende 2023 kündigte der kubanische Premierminister Manuel Marrero vor dem Parlament des karibischen Landes eine Reihe überraschender und tiefgreifender Wirtschaftsreformen an.
Nach Angaben internationaler Presseagenturen sieht die Reform radikale Veränderungen für die Wirtschaft vor, darunter die Abschaffung universeller Subventionen, die durch gezielte Hilfen ersetzt werden sollen.
Bild: Claudia Salamone / Unsplash
Premierminister Marrero (im Bild) sprach von einer Umstrukturierung der staatlichen Institutionen und einem Anstieg der Preise für Strom, Treibstoff, Gas, Wasser und andere Dienstleistungen. Diese Änderungen werden bereits umgesetzt und werden große Auswirkungen auf die kubanische Bevölkerung haben.
Die erste angekündigte Maßnahme war eine Erhöhung des Benzinpreises, der laut AFP um mehr als 500 % steigt. Darüber hinaus wurde angekündigt, dass Touristen den Treibstoff künftig in Fremdwährungen statt in kubanischen Pesos bezahlen müssen.
Die zweite konkrete Maßnahme, die die Inselregierung im Januar 2024 auf den Tisch legte, war eine Erhöhung der Kosten für den Luft- und Straßentransport zwischen den Provinzen.
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Trotz der Bedeutung, die die Regierung dem Plan beimisst, wurden diese beiden Maßnahmen laut offiziellen Medien aufgrund eines „Computerangriffs“ ausgesetzt. Die Behörden der Insel stoppten die Maßnahmen im letzten Moment und gaben keinen neuen Termin bekannt.
Wie die spanische Nachrichtenagentur Efe berichtet, versucht die Regierung mit diesen Maßnahmen, eine stark schrumpfende Wirtschaft zu retten, die in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von 18 % aufweist und in einer tiefen Krise steckt.
Einige der Maßnahmen werden sich auch auf den wachsenden Privatsektor der Insel auswirken. Dabei handelt es sich um die Erhöhung der Zölle und einen neuen Versuch, den seit 2021 boomenden inoffiziellen Devisenmarkt zu stoppen. Spekulationen mit Fremdwährungen werden weiter bestraft.
Im Jahr 2021 wurden in Kuba private Initiativen, allesamt in Form kleiner und mittlerer Unternehmen, genehmigt. Offiziellen Medien zufolge sind es drei Jahre später bereits über 9.000.
Der inoffizieller Devisenmarkt war für den Privatsektor von entscheidender Bedeutung, da er auf ausländisches Geld aus war, das der Staat nicht anbieten konnte und das dieser Sektor zur Bezahlung von Importen benötigt.
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Das aktuelle Szenario der kubanischen Wirtschaft hat viel mit der Wirtschaftspolitik vom Jahr 2021 zu tun, die eine der beiden offiziellen Währungen des Landes abgeschafft und durch eine digitale Version ausländischer Währungen namens Freely Convertible Currency (MLC) ersetzt hat.
Die Regierung von Kuba hat zugegeben, dass diese Politik gescheitert ist. Das führte dazu, dass der Minister für Wirtschaft und Planung, Alejandro Gil, Anfang Februar 2024 entlassen wurde.
Mit der Abschaffung des CUC (konvertierbarer kubanischer Peso), einer Währung, die dem Dollar entsprach und für Ausländer gedacht war, die die Insel besuchten, 'dollarisierte' die Regierung die Wirtschaft teilweise und schuf Einrichtungen für ausschließliche Zahlungen in Fremdwährung oder MLC.
Dieser Währungswechsel ging laut einer Analyse der Agentur EFE mit der Krise infolge der Pandemie, dem Rückgang des Tourismus und der Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen das Land durch die USA einher. Dies führte zu einer galloppierenden Wirtschaftskrise.
Während die partielle Dollarisierung im Gange war, erlitt die Landeswährung, der kubanische Peso, auf dem inoffiziellen Devisenmarkt eine ständige Abwertung, die scheinbar unmöglich aufzuhalten ist: Ein Dollar wird mit fast 300 kubanischen Pesos notiert, verglichen zu den 120 des offiziellen Wechselkurses.
Zu der ständigen Abwertung der Landeswährung kommt die Inflation hinzu, die diesen Rückgang immer weiter nährt. Laut unabhängigen Medien lag die Inflation im Oktober 2023 bei rund 400 %.
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Ein weiterer Grund für die Inflation ist das mangelnde Angebot: Die tiefe Wirtschaftskrise geht mit einem Mangel an lebenswichtigen Produkten einher. Laut CBS News importiert die Insel 80 % ihres Verbrauchs.
Unabhängigen Medien auf der Insel zufolge sind die Kubaner nicht nur mit Engpässen konfrontiert, sondern auch mit einer Verschlechterung des öffentlichen Gesundheitssystems, da es an medizinischer Versorgung und medizinischem Personal mangelt.
Im Jahr 2022 gab es in Kuba eine Energiekrise, die im ganzen Land zu täglichen Versorgungsausfällen von mehreren Stunden führte. Die Situation hat sich im Jahr 2023 verbessert, aber Treibstoffmangel und sich verschlechternde Infrastruktur sind eine ständige Bedrohung.
All diese Faktoren zusammengenommen führen zu einer großen Ungleichheit auf der Insel. Rentner und Staatsbedienstete verdienen zwischen 7 und 15 Dollar (zum inoffiziellen Wechselkurs), während eine Packung Eier etwa 11 Dollar kosten kann. In einem System, das den Sozialismus anstrebt, hat man das Gefühl, dass es Klassen gibt, denen es gut geht, und andere, die unter Prekarität leiden.
Die Lage in Kuba ist nicht einfach. Der Tourismus, auf den der Staat als Wirtschaftsmotor setzt, liegt immer noch weit unter dem Niveau von 2019. Die Wirtschaftsreformen, die die kubanische Regierung vorschlägt, könnten sich als kontraproduktiv erweisen: Sie mögen die makroökonomischen Zahlen verbessern, aber sie werden wahrscheinlich die Bevölkerung belasten. Weniger Subventionen, teurere Lieferungen... Der Wind des Wandels weht in Kuba, und wer weiß, vielleicht führt er auch zu sozialen Umbrüchen.