Mehr als 300.000 deutsche Unternehmen von Insolvenz bedroht

Die Zahl der insolvenzgefährdeten Unternehmen steigt um 15,6 Prozent
14.500 Firmeninsolvenzen
Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg
Vor allem im Baugewerbe und Handel
Umsatzeinbußen beim Black Friday 2022
Black Friday - Deutsche Händler konnten kaum Rabatte geben
130 Großinsolvenzen bis Jahresende
Auch Unternehmen in Österreich und der Schweiz in Schwierigkeiten
Staatliche Hilfsmaßnahmen und Entlastungspakete
200 Milliarden Euro für Wirtschaftsstabilisierungsfonds
Angst vor Insolvenzwelle
Automobilzulieferer Dr. Schneider
Autohersteller Borgward Group
Schuhhandelsunternehmen Görtz
MV Werften
Energiekonzern Uniper
Modeunternehmen Orsay
Gutachten der Wirtschaftsweisen
Die Zahl der insolvenzgefährdeten Unternehmen steigt um 15,6 Prozent

Laut 'Presseportal' haben derzeit mehr als 300.000 deutsche Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten, der Anteil insolvenzgefährdeter Unternehmen stieg im November laut 'CRIF' um 15,6 Prozent. Für die Analyse hat der Informationsdienstleister knapp drei Millionen Unternehmen in Deutschland hinsichtlich ihrer Zahlungsfähigkeit und Überschuldung untersucht.

14.500 Firmeninsolvenzen

Aktuell sind vor allem energieintensive Branchen gefährdet, darunter das Handwerk, Bäckereien, Logistikunternehmen, die Glas- und Keramikindustrie sowie Papierhersteller. "Zurzeit gehen wir von 14.500 Firmeninsolvenzen im Jahr 2022 aus. Das ist ein Plus von 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum", sagte CRIF Deutschland Geschäftsführer Dr. Frank Schlein.

Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg

Als Hauptursache werden die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und die Folgen des Ukraine-Kriegs genannt. Energiepreise, knappe Rohstoffe, unterbrochene Lieferketten und Unsicherheit wirken sich auf den Absatz und die Beschäftigung aus. Auch Privatkonkurse werden 2023 laut Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform auf rund 10.000 Fälle steigen. Der Experte warnt zudem vor einer signifikanten Insolvenzwelle in den kommenden Monaten.

Vor allem im Baugewerbe und Handel

Laut Statistischem Bundesamt gab es die meisten Unternehmensinsolvenzen des Jahres im August 2022 im Baugewerbe mit 198 Fällen und im Handel mit 167 Verfahren.

 
Umsatzeinbußen beim Black Friday 2022

Wie das 'Handelsblatt' berichtet, machte auch der Black Friday 2022 und das bisherige Weihnachtsgeschäft keine Hoffnung auf ein gutes Jahresendgeschäft. Der Umsatz in der Cyber Week sank um 6 Prozent, am Black Friday sogar um 12 Prozent. "Für die Händler im deutschen Markt war die Cyber Week und ganz besonders der Black Friday ernüchternd," sagte Nino Bergfeld, Handelsexperte des Unternehmens Salesforce, das eine Analyse der Verkaufszahlen durchgeführt hat.

Black Friday - Deutsche Händler konnten kaum Rabatte geben

Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland Stefan Genth erklärte: "Die in der Pandemie eingebrochenen Kundenzahlen in den Innenstädten sind bis heute nicht wieder gestiegen. Nur jedes sechste Handelsunternehmen zeigte sich in der Umfrage zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Weihnachtsgeschäfts." Ein großes Problem der Unternehmen war, dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage keine großen Rabatte anbieten konnten.

130 Großinsolvenzen bis Jahresende

Neben vielen Familienunternehmen mussten bisher auch 33 Unternehmen mit mindestens 20 Millionen Euro Umsatz in den letzten drei Monaten Insolvenz anmelden. Somit gibt es schon jetzt mehr Großinsolvenzen als im Jahr 2021. "Der Anstieg jetzt ist erwartbar, jedoch fällt er nicht so hoch aus, wie Anfang des Jahres von dem ein oder anderen erwartet“, erklärte Jonas Eckhardt von der Unternehmensberatung Falkensteg. Er rechnet bis Jahresende mit rund 130 Großpleiten. Das wären 71 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch Unternehmen in Österreich und der Schweiz in Schwierigkeiten

Auch in der Schweiz melden derzeit viele Unternehmen, vor allem im Kanton Zürich, Konkurs an. Von Januar bis Oktober 2022 gingen 3.849 schweizerische Unternehmen in ein Insolvenzverfahren, 19 Prozent mehr als in der Vergleichsperiode des Jahres 2021.

Laut 'ORF' verdoppelten sich 2022 die Firmeninsolvenzen in Österreich. Die geschätzten Verbindlichkeiten erhöhten sich um 88 Prozent auf etwa 1,4 Milliarden Euro.

Staatliche Hilfsmaßnahmen und Entlastungspakete

Wie schon 2021 versucht der deutsche Staat mit Hilfsmaßnahmen und Entlastungspaketen wie der Strompreisbremse und Härtefallregelungen den Insolvenzen entgegenzuwirken. So soll verhindert werden, dass eigentlich gesunde Unternehmen aufgrund äußerer Umstände aufgeben müssen.

(Foto: neelam279 /Pixabay)

200 Milliarden Euro für Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte auf einer Pressekonferenz am 9. Dezember 2022: "Wir haben dazu ein sehr umfassendes Entlastungspaket mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro beschlossen, die wir für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Verfügung stellen."

(Bild: Die Ministerpräsidenten Stephan Weil und Hendrik Wüst mit Scholz bei der Pressekonferenz am 9. Dezember)

Angst vor Insolvenzwelle

In den vergangenen Wochen und Monaten haben Insolvenzen bekannter Firmen und Traditionsunternehmen die Angst vor Pleitewellen und Arbeitsplatzverlust verstärkt. Autozulieferer meldeten sieben Insolvenzen an, gefolgt von Maschinenbauern und Firmen aus der Nahrungsmittelbranche, Metall- und Kunststofffirmen. Auf den folgenden Seiten finden Sie einige Beispiele.

Automobilzulieferer Dr. Schneider

Der bayrische Automobilzulieferer Dr. Schneider musste Anfang September Insolvenz anmelden. Der Hersteller von Mittelkonsolen, Ablagesystemen und Belüftungssystemen hatte seit der Corona-Pandemie mit Lieferengpässen bei Rohstoffen und später mit den steigenden Energiepreisen zu kämpfen. Ein Sanierungsplan konnte nicht umgesetzt werden. Weltweit sind etwa 4.000 Angestellte betroffen, in Deutschland etwa 2.000 Beschäftigte.

Autohersteller Borgward Group

Doch Dr. Schneider ist nicht die einzige Insolvenz in der Branche. Die Borgward Group mit Sitz in Stuttgart wurde Ende November ebenfalls für insolvent erklärt. Das Traditionsunternehmen, das mittlerweile zum chinesischen Mobilitätsunternehmen Ucar gehört, musste aufgrund starker Umsatzeinbrüchen bereits im April 2022 das Insolvenzverfahren einleiten.

Schuhhandelsunternehmen Görtz

Das Schuhhandelsunternehmen Görtz plant die deutschlandweite Schließung vieler Filialen bis 2023. Anfang September meldete die Muttergesellschaft Ludwig Görtz GmbH Insolvenz an, nun folgt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Standorte, um entsprechende Entscheidungen zu treffen. 

MV Werften

Anfang März 2022 wurde das Insolvenzverfahren der auf Kreuzfahrtschiffe spezialisierte MV-Werften-Gruppe eröffnet. Staatliche Rettungsversuche im Rahmen der Corona-Hilfe mit mehreren hundert Millionen Euro waren nicht erfolgreich. Wie die 'Tagesschau' berichtete, wurde das Kreuzfahrtschiff  "Global Dream" von Disney gekauft und soll bis 2024 in Deutschland fertiggestellt werden. So bekommen immerhin etwa 900 ehemalige MV-Beschäftigte eine mittelfristige Zukunftsperspektive.

Energiekonzern Uniper

Der Energiekonzern Uniper rechnet ebenfalls mit großen Verlusten, in den ersten 9 Monaten des Geschäftsjahres betrug der Nettoverlust bereits 3,2 Milliarden Euro. Deutschlands größter Gasimporteur soll nun verstaatlicht werden. In einer Hauptversammlung vor Jahresende soll die Zustimmung der Aktionäre eingeholt werden. Dieses Vorhaben könnte den Steuerzahlern etwa 33 Milliarden Euro kosten, so die 'Rheinische Post'. Zudem will Uniper ein Schiedsverfahren gegen Gazprom anstreben, um 11,6 Milliarden Euro für nicht geliefertes Gas zurückfordern.

Modeunternehmen Orsay

Im Juni 2022 wurden alle 197 Filialen  der Modekette Orsay geschlossen und 1.200 Mitarbeiter entlassen. Ein Unternehmenssprecher begründete die Schließungen mit dem schwindenden Konsumverhalten, wodurch das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nicht weitergeführt werden konnte. Mittlerweile wurde Orsay vom Investmentunternehmen Gordon Brothers übernommen.

Gutachten der Wirtschaftsweisen

Wie die 'FAZ' berichtete hat das Jahresgutachten des Sachverständigenrats für Wirtschaft (besser bekannt als Wirtschaftsweisen) in diesem Jahr für Erstaunen gesorgt. Das Beratungsgremium fordert aufgrund der Energiekrise eine stärkere Besteuerung der Spitzenverdiener. So soll die sogenannte "kalte Progression" verschoben werden. Ökonomen würden jedoch unter anderem eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben bevorzugen.

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