PFAS-Chemikalien: gesundheitsgefährdend, aber noch nicht verboten

Schlecht für die Gesundheit, gut für Alltagsprodukte
Sie sollen in der EU verboten werden
Was genau sind PFAS-Chemikalien?
Wo sind sie drin?
Gesundheitsschädlich
Sie können das Immunsystem schädigen und Krebs erzeugen
Wie kommen sie in den menschlichen Körper?
Mehr als 17.000 Orte in Europa sind betroffen
PFAS verteilen sich in der Umwelt über das Wasser
Wirkungen auf das Immunsystem von Säuglingen
Keine Kennzeichnungspflicht 
Die Industrie will das Verbot verhindern
Die Argumente
Robert Bilott
Mit PFAS belastete Kinder
Ein Verbot ist dringend erforderlich
Schlecht für die Gesundheit, gut für Alltagsprodukte

Geruchlos, geschmacklos, unsichtbar, aber gefährlich für die Gesundheit. PFAS-Chemikalien werden verdächtigt, Krebs zu verursachen, unfruchtbar zu machen und das Immunsystem zu schwächen. Und einmal in der Umwelt sind sie kaum abbaubar. Dennoch sind sie in unzähligen Alltagsprodukten vorhanden.

Sie sollen in der EU verboten werden

PFAS-Chemikalien sollen in der EU künftig verboten werden. Dazu gibt es seit dem 22.März 2023 eine öffentliche Anhörung bei der europäischen Chemikalienagentur (ECHA), in der unter anderem Industrievertreter ihre  Stellungnahmen abgeben können.

Was genau sind PFAS-Chemikalien?

PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. Diese Stoffgruppe umfasst nach letzten Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Stoffe. PFAS kommen nicht natürlich vor und werden erst seit den späten 1940er Jahren hergestellt.

Wo sind sie drin?

PFAS sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch stabil. Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie in zahlreichen Verbraucherprodukten wie  Kochgeschirr, Papierbeschichtungen, Textilien, Ski-Wachsen oder Zahnseide verarbeitet. Außerdem werden PFAS zur Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, in Pflanzenschutzmitteln oder Feuerlöschmitteln verwendet.

Gesundheitsschädlich

Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wurden in den letzten Jahren bei bestimmten PFAS auch gesundheitsschädliche Wirkungen nachgewiesen, was in Kombination mit der Langlebigkeit besonders bedenklich ist.

Sie können das Immunsystem schädigen und Krebs erzeugen

Laut der Verbraucherzentrale weisen Studien an größeren Bevölkerungsgruppen darauf hin, dass bestimmte PFAS die Leber, das Hormon- und Immunsystem schädigen und den Fettstoffwechsel stören, die Wirkung von Impfungen verschlechtern, ein geringeres Geburtsgewicht zur Folge haben, die Fruchtbarkeit verringern oder Krebs erzeugen können.

Wie kommen sie in den menschlichen Körper?

Menschen können PFAS vor allem über Lebensmittel und Trinkwasser aufnehmen. Sie sind in Böden, Trinkwasser, Futtermitteln und in verschiedenen Bedarfsgegenständen nachweisbar. Laut aktueller Kenntnisse der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA sind vor allem tierische Lebensmittel mit PFAS belastet.

Mehr als 17.000 Orte in Europa sind betroffen

Laut Tagesschau haben NDR, WDR und SZ im Februar 2023  gemeinsam mit europäischen Medien erstmals gezeigt, dass bereits mehr als 17.000 Standorte in Europa nachweislich mit PFAS belastet sind.

Im Bild: Bodenprobe PFAS in Bayern.

PFAS verteilen sich in der Umwelt über das Wasser

PFAS werden in kurzkettige und langkettige PFAS unterteilt. Kurzkettige PFAS sind extrem langlebig und verteilen sich in der Umwelt in kürzester Zeit über das Wasser. Langkettige PFAS sind in der Umwelt und in Lebewesen ebenfalls sehr langlebig und einige PFAS reichern sich in verschiedenen Organismen bis hin zum Menschen an. Diese Information veröffentlicht das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Wirkungen auf das Immunsystem von Säuglingen

Nachdem Wirkungen auf das Immunsystem von Säuglingen beobachtet wurden, empfahl die europäischen Lebensmittelbehörde EFSA bereits 2020 eine gruppenbezogene tolerierbare wöchentliche Aufnahme von 4,4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht zu überschreiten.

Keine Kennzeichnungspflicht 

Die Verbraucherzentrale warnt, dass es sich in der Regel nicht erkennen lässt, ob ein Produkt PFAS enthält, da es in den meisten Produktbereichen keine Kennzeichnungspflicht für diese Ewigkeits-Chemikalien gibt.

Die Industrie will das Verbot verhindern

US-Umweltanwalt Robert Bilott befürchtet, dass vor allem die Industrie die öffentliche Anhörung nutzen wird, um das EU-Verbot zu verhindern.

Die Argumente

Gegenüber dem NDR erklärte Bilott, die zu erwartende Argumentation: "Nämlich, dass diese Chemikalien für unsere Gesellschaft unverzichtbar sind. Sie sind in praktisch jedem Produkt enthalten, in Dingen, die wir brauchen. Das klingt in etwa so: Naja, dann haben Sie kein Handy mehr, keine 5G-Netze, keine lebensrettenden Arzneimittel. Das ist das Argument, das den politischen Entscheidungsträgern vorgetragen wird."

Robert Bilott

Der US-amerikanischer Umweltanwalt deckte auf, wie gefährlich die Chemikaliengruppe der PFAS ist. Er nennt sie "eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit". Seit über 20 Jahren führt er Prozesse gegen Chemiekonzerne. Sein Kampf gegen die Industrie wurde in dem Film 'Vergiftete Wahrheit' dargestellt.

"Es geht um die öffentliche Gesundheit"

Im Interview mit dem NDR warnte Bilott vor den Folgen für die Gesundheit: "Es geht hier um die öffentliche Gesundheit. Erst kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, die zeigt, wie viele Todesfälle beispielsweise allein in den Vereinigten Staaten seit 1999 auf PFAS zurückzuführen sein könnten: mehr als sechs Millionen."

Mit PFAS belastete Kinder

Laut einer Studie (GerES V-Studie) waren deutschlandweit mehr als 1.000 untersuchte Kinder mit bestimmten PFAS belastet. Ein erheblicher Teil der Kinder wies so hohe Blutwerte auf, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann. Als Ursachen wurden in dieser Studie Muttermilch, kontaminiertes Trinkwasser und Imprägniersprays identifiziert. Auch im Blut von Erwachsenen sind PFAS nachweisbar.

Ein Verbot ist dringend erforderlich

Ein Verbot ist dringend erforderlich, das ist die Meinung der Verbraucherzentrale, die auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sowie andere Umweltorganisationen teilen. Ob ein komplettes Verbot kommt, bleibt abzuwarten. Erstmal wird die öffentliche Anhörung zu dem Thema bis Ende September weitergehen.

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