Reichsbürger: Zweiter Prozess um Gruppe Reuß beginnt
Am Dienstag, den 21. Mai, beginnt am Oberlandesgericht Frankfurt am Main der zweite Prozess der mutmaßlichen Anführer des sogenannten Reichsbürgernetzwerks um Heinrich XIII. Prinz Reuß.
Insgesamt stehen neun Personen vor Gericht, denen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vorgeworfen wird, wie "Die Zeit" berichtet.
Die Angeklagten sollen einen gewaltsamen Sturm auf den Bundestag geplant haben, der mutmaßliche Rädelsführer ist der Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß (Bild).
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Geplant war, dass eine bewaffnete Gruppe das Berliner Reichstagsgebäude stürmen und Abgeordnete des Bundestages festnehmen sollte, um einen Systemumsturz zu bewirken. Laut Bundesanwaltschaft standen dafür 500.000 Euro und Waffen zur Verfügung. Tote wären in Kauf genommen worden.
Am Morgen des 7. Dezembers 2022 stürmte ein Spezialeinsatzkommando der hessischen Polizei das Wohnhaus des mutmaßlichen Strippenziehers und nahm Heinrich XIII. Prinz Reuß fest, wie die "Tagesschau" berichtete.
Laut Generalbundesanwalt wird nun in Frankfurt die "wohl bislang größte Verschwörung, die es in der Geschichte der Bundesrepublik gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gegeben hat" verhandeln. Die neun Angeklagten habe eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verbunden, heißt es unter anderem in der Anklageschrift.
Prinz Reuß soll der angebliche Kopf des ganzen "hochverräterischen Unternehmens" gewesen sein und sein Waldschloss in Thüringen als Hauptquartier der Gruppe zur Verfügung gestellt haben.
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Ziel des Umsturzes sei es gewesen, einen "Rat" einzusetzen, der Deutschland in der Staatsform des Deutschen Reichs von 1871 wiederherstellt, heißt es in der Anklage. Im "Rat" hätte es demnach Posten und eine Art Ministerien geben sollen.
Einen der Posten, dem der Justizministerin, hätte Birgit Malsack-Winkemann (Foto) übernehmen sollen. Die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin außer Dienst hatte im Ermittlungsverfahren bereits ausgesagt und soll das auch im Verfahren öffentlich tun.
Als Mitglieder der Kerngruppe, die mit der Planung des Angriffs begann, sitzen auch Maximilian Eder und Peter Wörner auf der Anklagebank. Die beiden ehemaligen Soldaten hatten zur Eliteeinheit "Kommando Spezialkräfte" (KSK) der Bundeswehr gehört.
Ebenfalls angeklagt sind der Ex-Soldat Rüdiger von P. und der suspendierte Polizeibeamte Michael F., der 2021 bei der Bundestagswahlkampf für die Kleinpartei "Die Basis" angetreten war.
Alle Angeklagten sollen Medienberichten zufolge von der Existenz eines Geheimbundes überzeugt gewesen sein. Sie befürchteten, dass eine "Allianz" aus Siegermächten des Zweiten Weltkriegs die Macht in Deutschland übernehmen würde. Darüber hinaus glaubten sie an ein unterirdisches Tunnelsystem, in dem Kinder gefangen gehalten werden.
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Die Zahl der Angeklagten und das große Interesse der Öffentlichkeit veranlasste das Oberlandesgericht dazu, ein neues Prozessgebäude (Foto) im Stadtteil Sossenheim zu errichten, auch um die besonderen Sicherheitsvorkehrungen umsetzen zu können.
Ende April begann am Oberlandesgericht Stuttgart der erste Prozess gegen acht Personen der Gruppe, die eine Art neue Militärstruktur für Deutschland als sogenannte Heimatschutzkompanien geplant haben sollen.
In München stehen ab dem 18. Juni die übrigen Mitglieder der Gruppe vor Gericht. Dann muss sich auch deren angebliche Hellseherin verantworten.
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Das Ende des Prozesses ist nicht absehbar und könnte aufgrund des Umfangs und der voraussichtlichen Aussagen von Zeugen und Angeklagten Monate oder auch Jahre dauern.
Darüber hinaus ist es nicht undenkbar, dass sich die Verfahren in Stuttgart und München auch auf den Prozess in Frankfurt auswirken werden.
Am Dienstag sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser über die neue Dimension der drei Strafprozesse: "Es ist gut, dass sich ab heute auch die mutmaßlichen Rädelsführer der bislang größten Terrorgruppe von Reichsbürgern vor Gericht verantworten müssen." Bei den Angeklagten handle es sich nicht nur um "harmlose Spinner". Die SPD-Politikerin sprach auch eine Warnung gegenüber der Reichsbürger-Bewegung aus: "Keiner in dieser extremistischen Szene sollte sich sicher fühlen."