Nach Lambrechts Rücktritt: Boris Pistorius wird neuer Verteidigungsminister

Boris Pistorius ist neuer Verteidigungsminister
Nachfolgersuche war dringend
Unbeliebtes Amt
Frauenquote ist ein Kriterium
Lambrecht trat am Montag zurück
Bundeswehr steht vor großen Herausforderung
Rücktritt mit 'medialer Fokussierung' begründet
Christine Lambrechts politische Laufbahn
Justiz, Familienministerin und Bundeswehr
Eine Fehlentscheidung von Olaf Scholz
Kritik an Arbeit und Einstellung
Skiurlaub statt Truppenbesuch
5.000 Schutzhelme für die Ukraine
Stöckelschuhe und Nagelstudio
Die Helikopteraffäre
Anschaffung von US-Flugzeugen für die Bundeswehr
Fehlende Munition bei der Bundeswehr
Offene Kritik vom Finanzministerium
Schützenpanzer Puma
Neujahrsbotschaft untragbar
Lambrecht erhält volle Bezüge
Hohes Übergangsgeld
Boris Pistorius ist neuer Verteidigungsminister

Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Regierungskreisen erfahren hat, übernimmt der bisherige Niedersächsischer Minister für Inneres und Sport die Leitung der Bundeswehr. Der 1960 geborene SPD-Politiker ist gut vernetzt und gilt laut 'Tagesschau' als ministrabel für seinen neuen Posten.

Nachfolgersuche war dringend

"Aus Respekt vor der Entscheidung der Ministerin" wurde noch kein Nachfolger bekannt gegeben. Doch ein neuer Verteidigungsminister musste schnell gefunden werden, da sich am Freitag die westlichen Verteidigungsminister und der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Ramstein treffen, um über militärische Ukraine-Hilfen zu beraten.

Unbeliebtes Amt

Als mögliche Kandidaten galten zunächst der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Lars Klingbeil und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD). Auch Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestages, wurde für den Posten in Betracht gezogen. Jedoch will Klingbeil laut Berichten des 'Focus' lieber SPD-Parteivorsitzender bleiben und die Beraterrolle Schmidts sei zu wichtig, um das Amt zu übernehmen.

 

Frauenquote ist ein Kriterium

Mit einer Entscheidung für Eva Högl oder auch Staatssekretärin Siemte Möller wäre die Frauenquote erfüllt gewesen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann verwies am Montag darauf, dass es dem Bundeskanzler wichtig sei, dass das Kabinett weiterhin zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern bestehe. Mit seiner Wahl gab Kanzler Olaf Scholz dieses sogenannte Paritätsprinzip auf.

Lambrecht trat am Montag zurück

Nach etwas über einem Jahr als Verteidigungsministerin erklärte Christine Lambrecht am Montag, den 16. Januar 2023 ihren Rücktritt. Bereits vergangene Woche häuften sich die Spekulationen, wonach die SPD-Politikerin ihr Amt niederlegen könnte. Laut 'Spiegel' war Bundeskanzler Olaf Scholz bereits Anfang Januar über ihr Vorhaben informiert.

Bundeswehr steht vor großen Herausforderung

"Die Verteidigungspolitik ist für Deutschland inzwischen existenziell geworden; das ist kein politisches Nebenthema mehr", sagte der ehemalige Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels dem 'Redaktionsnetzwerk Deutschland'. So sei es wichtig, dass der neue Verteidigungsminister ein "großes politisches Kampfgewicht" habe und in der Lage sein müsse, das Vertrauen und den verlorenen Rückhalt wiederherzustellen.

Rücktritt mit 'medialer Fokussierung' begründet

"Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu", begründete Lambrecht ihre Entscheidung.

Christine Lambrechts politische Laufbahn

Nach dem Abschluss ihres Jura-Studiums und einem Aufbaustudium an der Deutschen Verwaltungshochschule in Speyer arbeitete sie von 1996 bis 2021 als Rechtsanwältin. Ab 1998 war die Sozialdemokratin Mitglied des Bundestages und hatte mehrere Parteiämter inne.

Justiz, Familienministerin und Bundeswehr

Die damalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen (im Bild mit Angelika Merkel) leitete ab Juni 2019 das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. 2021 wurde Lambrecht schließlich Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Eine Fehlentscheidung von Olaf Scholz

Am 8. Dezember 2021 übernahm sie das Amt der Bundesverteidigungsministerin von Annegret Kramp-Karrenbauer. Laut 'RND' war es ein entscheidender Fehler, dass Olaf Scholz sie überhaupt dafür in Betracht gezogen hatte. Bis vor wenigen Wochen hatte der Kanzler jedoch noch verlauten lassen, dass die Ministerin den vollen Rückhalt der Regierung und ihrer Partei habe.

Kritik an Arbeit und Einstellung

Laut 'Süddeutsche Zeitung' schien die neue Ministerin von Anfang an desinteressiert an der Truppe, beratungsresistent, nicht bereit, dazuzulernen, instinktlos bei kleinen symbolischen Gesten und ein Kommunikationsdesaster zu sein. Außerdem wurde ihr fehlende Sachkenntnis vorgeworfen.

Skiurlaub statt Truppenbesuch

Die Ministerin sorgte gleich nach Amtsantritt für Skepsis, denn anstatt eines offiziellen Antrittsbesuchs bei stationierten Truppen oder einer Einarbeitung in den neuen Aufgabenbereich verbrachte Lambrecht die Feiertage mit Skifahren in Ischgl.

5.000 Schutzhelme für die Ukraine

Als sich die Situation in der Ukraine Anfang Januar 2022 zuspitzte, versprach die deutsche Verteidigungsministerin,  5.000 Schutzhelme aus Bundeswehrbeständen zu liefern.  Die Ukrainer hatten allerdings um Waffen und Munition gebeten und waren laut dem damaligen Botschafter Andrij Melnyk von der "reinen Symbolgeste" Deutschlands enttäuscht, zumal die Lieferung erst Ende Februar, kurz nach der russischen Invasion, eintraf.

Stöckelschuhe und Nagelstudio

Schon bald schwand auch das Vertrauen und der Rückhalt seitens der deutschen Soldaten. Kurz nach Kriegsbeginn wurde die Politikerin in einem Nagelstudio fotografiert. Für großes Aufstehen sorgte allerdings ihr Truppenbesuch in Mali, bei dem sie Stöckelschuhe trug, anstatt das aus Sicherheitsgründen vorgeschriebene feste Schuhwerk.

Die Helikopteraffäre

Am 13. April 2022 besuchte Lambrecht mit einem Helikopter eine Einheit der Bundeswehr in Norddeutschland. Anschließend machte sie Osterurlaub in Sylt. Durch einen Instagram-Post ihres Sohnes wurde laut 'Zeit' später öffentlich, dass Lambrecht diesen mitfliegen ließ, um bequemer zum Feriendomizil zu gelangen. Per Gerichtsbeschluss musste sich die Politikerin schließlich den Fragen der Journalisten stellen, was sie zuvor verweigert hatte.

Anschaffung von US-Flugzeugen für die Bundeswehr

Auch für ihre Vorgehensweise bei der Anschaffung von amerikanischen Mehrzweckkampfflugzeugen vom Typ F-35 erntete Lambrecht viel Kritik von der Opposition und den Medien. Laut 'Focus' zahlte Deutschland rund 286 Millionen Euro pro Flugzeug – fast 120 Millionen mehr als die Schweiz. Darüber hinaus dürfen die Wartungsarbeiten nur von den US-Rüstungskonzernen durchgeführt werden, wodurch Deutschland keine Einblicke in die Technik erhält und deshalb etwa 25 Jahre von den USA abhängig ist.

Fehlende Munition bei der Bundeswehr

Unverständnis erntete Lambrecht auch wegen der schleppenden Beschaffung von Ausrüstung und Waffen für die Bundeswehr, da sie neun Monate nach Beginn des Ukrainekrieges noch keine nennenswerten Erfolge verzeichnen konnte.

Offene Kritik vom Finanzministerium

Laut 'Merkur' antwortete das Finanzministerium auf ihre Bitte um Bereitstellung eines "signifikanten Umfangs Haushaltsmittel und Verpflichtungserklärungen", dass die Mittel ausreichend seien. Vielmehr seien die intransparente und inkonsequente Bedarfsplanung des Verteidigungsministeriums und die bürokratischen Bestellprozesse der Grund für die nach wie vor fehlende Ausrüstung.

Schützenpanzer Puma

Bei einer Schießübung waren im Dezember 2022 alle 18 eingesetzten Schützenpanzer ausgefallen. Die Ministerin entschied umgehend und ohne vorherige Prüfung, einen Nachkauf weiterer Puma-Panzer für die Schnelle Eingreiftruppe der NATO zu verschieben und auf Marder-Panzer (im Bild) zurückzugreifen. Schließlich stellte sich nach Informationen der 'DW' heraus, dass die Panzer überwiegend kleine und mittlere Schäden hatten und die unzureichende Kommunikation zwischen den beteiligten Ministerien und zum Hersteller das größere Problem darstellte.

Neujahrsbotschaft untragbar

In einem Video auf Instagram überbrachte Christine Lambrecht ihre Neujahrsgrüße. Sie sprach über den Ukrainekrieg und das Kriegsjahr 2022, um gleichzeitig zu erzählen, dass sie viele "interessante und tolle Menschen" kennengelernt habe. Das Video war unterlegt vom Lärm von Silvesterböllern und wenig professionell. Außerdem wurde ihr Empathielosigkeit vorgeworfen, da sie weder die Kriegsopfer noch die Flüchtlinge in ihrer Rede erwähnte.

Lambrecht erhält volle Bezüge

Laut Bundesministergesetz kann die zurückgetretene Ministerin drei Monate lang weiterhin volle Bezüge erhalten. Der ‘Bayrische Rundfunk’ berichtete, dass Lambrecht demnach monatlich 16.815 Euro Übergangsgeld erhält, das ab dem zweiten Monat mit privaten Einkünften verrechnet wird.

Hohes Übergangsgeld

Sollte die ehemalige Verteidigungsministerin nach drei Monaten keine neue Beschäftigung haben, würde ihr bis zu 21 Monate lang die Hälfte ihres Amtsgehalts zustehen. Insgesamt könnte sich ihr Übergangsgeld auf bis zu 227.000 Euro belaufen.

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