Russland hat deutsche Offiziere abgehört! Was sind die Konsequenzen des Taurus-Skandals?
Es ist ein Skandal, der für Deutschland im Russland-Ukraine-Krieg bislang seinesgleichen sucht: Russland veröffentlichte Protokolle eines Gesprächs deutscher Offiziere. Was will der Kreml mit diesem Abhörskandal bezwecken und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Am Morgen des 1. März berichtete Margarita Simonjan, eine bekannte Propagandistin des Kremls, laut Merkur.de auf Social Media von der Aufnahme.
Am Abend des selben Tages wurde ein 5-minütiger Ausschnitt des Gesprächs veröffentlicht.
Die Aufnahme ist Teil eines Gespräches zwischen vier Offizieren der Bundeswehr, die über die Fähigkeiten des Marschflugkörpers Taurus diskutieren.
Zudem sprechen die Offiziere, zu denen auch Ingo Gerhartz, Chef der deutschen Luftwaffe, gehört, über die Schwierigkeiten bei der Lieferung von Taurus an die Ukraine sowie die Zerstörung der Krim-Brücke, wie Merkur.de berichtet.
Olaf Scholz hatte zuvor bereits begründet, dass Deutschland keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern wird.
Grund dafür sei der Umstand, dass für die Zielsteuerung die Mitwirkung deutscher Soldaten benötigt werden würde - und Deutschland so direkter Teil des Ukraine-Krieges werden würde, was Scholz verhindern möchte.
Die Grünen, darunter unter anderem die Fraktionschefin Britta Haßelmann, und die FDP hingegen sind für eine Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine.
Das deutsche Verteidigungsministerium ließ über eine Sprecherin verkünden, dass nun geprüft werde, ob die Luftwaffe tatsächlich abgehört wurde.
Über die Absicht Russlands besteht hingegen keine Klarheit...
Der deutsche Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter ist davon überzeugt, dass Russland deutsche Offiziere abgehört hat und zudem weitere Gespräche veröffentlichen wird.
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Die Veröffentlichung der Aufnahme sei ein Versuch, "eine Taurus-Lieferung durch Deutschland zu unterbinden", so Kiesewetter zu ZDFheute.de.
Russland wolle demnach, dass es so aussehe, als ob Deutschland "bereits eine konkrete Operation" plane. "Alles, was Deutschland als aktive Kriegspartei aussehen lässt, ist dazu geeignet, Scholz abzuschrecken", so Kiesewetter.
Das Ziel der Sammlung solcher Abhörmaterialien ist laut Kiesewetter bei der Frankfurter Rundschau (fr): "um Waffenlieferungen an die Ukraine zu verhindern, um Entscheidungsträger unter Druck zu setzen oder auch, um die öffentliche Meinung zu manipulieren".
Kiesewetter teilt zudem gegen den Kanzler aus und bezeichnet ihn als "Sicherheitsrisiko für Europa".
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So würde sich Scholz als "Friedenskanzler" darstellen und verhindern wollen, dass Deutschland zur Kriegspartei werde. Scholz' Ziel sei es, Wählerstimmen der AfD zu erhalten - er würde dadurch jedoch auch die Abschreckung Europas gegenüber Russland schwächen, so Kiesewetter.
Wie Stephan-Andreas Casdorff vom Tagesspiegel schreibt, versucht Russland über soziale Netzwerke "die Angst vor einem Krieg schüren" und die Gesellschaft in Deutschland zu verunsichern.
Konstantin von Notz, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, sagte zum Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd), dass er die "Aufklärung aller Hintergründe" fordert und die Beantwortung der Frage, "ob es sich hier um einen einmaligen Vorgang oder ein strukturelles Sicherheitsproblem handelt".
In einer Pressekonferenz am 3. März in Berlin sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius, dass die Ergebnisse der Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes in den nächsten Tagen erwartet werden.
Erst dann wird entschieden, ob gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen gezogen werden müssen, zum Beispiel falls gegen IT-Sicherheitsrichtlinien verstoßen wurde, so die Süddeutsche Zeitung (SZ).
Pistorius bezeichnet die Veröffentlichung der Abhörprotokolle als einen "hybriden Angriff zur Desinformation", um Spaltung hervorzurufen. Darauf dürfe man nicht hereinfallen.
Kritik gegen Scholz kommt von Alexander Dobrint, Landesgruppenchef der CSU. Er fordert, dass Scholz sich vor dem Bundestag erklären soll - denn: dieser hätte seine Ablehnung der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gegebenenfalls auf Falschinformationen gestützt, so Dobrint laut dem Spiegel.
Denn in dem veröffentlichten Ausschnitt des Abhörmitschnittes wird offenbar deutlich, dass die Mitarbeit deutscher Soldaten - anders als von Scholz behauptet - nicht notwendig sei.
Es bleibt abzuwarten, welche Ergbenisse die Ermittlungen im Abhörskandal ergeben. Mit Sicherheit ist jedoch davon auszugehen, dass dieses Vorkommnis große Wellen schlagen wird... Vor allem für Deutschland, die Positionierung im Ukraine-Krieg und besonders für Bundeskanzler Olaf Scholz.
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