Schmerzensgeld an Missbrauchsopfer: Erzbistum Köln zahlt 300.000 Euro
Es könnte ein besonderes Urteil in den Missbrauchsskandalen um die Katholische Kirche sein: Das Kölner Landgericht entschied, dass das Erzbistum Köln dem Kläger Georg Menne (Foto) 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen muss. Dies ist die höchste jemals durch die Katholische Kirche gezahlte Summe in einem Missbrauchsfall.
Über 300 Mal war Georg Menne, der damals Messdiener war, in den 1970er Jahren als Kind von einem Priester missbraucht worden. Jetzt ging der heute 64-Jährige vor Gericht und gewann.
Obwohl der Missbrauchsfall um Kläger Georg Menne längst verjährt ist, machte das Erzbistum Köln unter Leitung von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki von dem Verjährungsrecht keinen Gebrauch.
In einem offiziellen Statement gab das Erzbistum Köln bekannt, dass sie als Institution Mitverantwortung für die Taten übernehmen, deren Folgen das ganze Leben des Opfers beeinflusst haben.
Das Tragische: Die Taten des Priesters, der Georg Menne jahrelang missbrauchte, waren der Katholischen Kirche bereits zuvor bekannt...
Bereits in den 1950er und 1960er Jahren lagen Vorwürfe gegen den Priester vor. Anstatt harte Maßnahmen zu ergreifen ließen der damalige Erzbischof von Köln, Joseph Höffner (Foto), und weitere Verantwortliche den Priester nur versetzen.
Durch das mangelnde Eingreifen von Höffner und Co. konnte der Priester mit dem Missbrauch an seinem neuen Standort weitermachen, welchem in den 1970er Jahren Georg Menne und weitere Kinder über zehn Jahre lang zum Opfer fielen...
Der Täter ist mittlerweile bereits verstorben. Menne klagte gegen die Institution des Erzbistums Köln, denn diese hätte die Verantwortung gehabt, ihn als Kind zu schützen.
Die ursprünglich von Kläger Georg Menne geforderte Summe von etwa 800.000 Euro hatte er nicht erhalten. Dennoch übersteigen die zugesprochenen 300.000 Euro alle bisherigen Zahlungen, die die Katholische Kirche in Missbrauchsfällen jemals leisten musste.
Die Tagesschau kommentierte, dass dieses Urteil richtungsweisend für alle weiteren Prozesse und Urteile im Bezug auf Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche sein könnte.
Die Zahl der Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche ist groß, die Institution ein mächtiger Gegner. Viele Betroffene erhoffen sich von diesem Urteil eine Signalwirkung.
Für Georg Menne war der Schritt, den Prozess zu beginnen, schwierig: Er studierte selbst Theologie und arbeitete als Gemeindereferent und Krankenhausseelsorger für das Erzbistum Köln, bevor er verrentet wurde.
Während des Prozesses hatte er mit den gleichen Symptomen zu kämpfen, die er auch während der Zeit des Missbrauchs erlitten hatte, unter anderem mit Schlafstörungen und Panikanfällen.
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Für Menne war es schwierig gegen die Kirche und einen Bischof zu klagen - wollte er es doch allen recht machen und nicht anecken. Eine Strategie, die er sich damals während des Missbrauchs in Bezug auf den Täter angeeignet hatte, um "zu überleben".
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Menne selbst sagte, dass er den Prozess auch für seine Familie auf sich genommen habe. Denn diese habe oft unter seinen Wutausbrüchen gelitten, welche psychische Nachwirkungen der Missbrauchsfälle waren.
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Viele weitere Missbrauchsopfer sehen in Menne einen Wegbereiter für Prozesse und Urteile mit angemessenen Schadensersatzzahlungen.
Bereits im Jahr 2019 hatte die Katholische Kirche eine Arbeitsgruppe beauftragt, Empfehlungen für Summen von Schadensersatzzahlungen abzugeben. Bei den empfohlenen Summen von 50.000 bis 400.000 hatten die Kirchenvertreter sich dann jedoch nur auf die untere Grenze von 50.000 als Richtwert bezogen.
Für die Opfer ist eine angemessene Schadensersatzzahlung unabdingbar, um mit ihrem Leid anerkannt und zumindest monetär entschädigt zu werden - auch wenn die seelischen Wunden bleiben.
Hohe Entschädigungssummen haben eine weitere wichtige Relevanz, die Eberhard Luetjohann, Georg Mennes Anwalt, auf den Punkt bringt: Sie könnten die Katholischen Kirche und andere Institutionen zu einem Umdenken in ihrem Umgang mit Missbrauchsopfern bringen.