Schüsse: Häufigste Todesursache amerikanischer Kinder und Jugendlicher
Jahrzehntelang waren Autounfälle die häufigste Todesursache bei Amerikanern im Alter von 1 bis 19 Jahren. Doch die Kluft zwischen Todesfällen durch Autounfälle und Todesfällen durch Schusswaffen hat sich in den letzten Jahren immer weiter verringert.
Im Jahr 2020 haben schusswaffenbedingte Zwischenfälle die Autounfälle überholt und wurden zur Todesursache Nr. 1 für Kinder und Jugendliche in den USA.
Wissenschaftler der University of Michigan fanden heraus, dass die Zahl der Todesfälle durch Schusswaffen zwischen 2019 und 2020 insgesamt um 13,5 %, bei Kindern und Jugendlichen jedoch um 30 % anstieg.
Die Forscher hielten sich zwar mit einer Erklärung für diesen Trend zurück, räumten aber ein, dass die Covid-19-Pandemie zum Anstieg der Todesfälle durch Schusswaffen bei Kindern und Jugendlichen beigetragen haben könnte.
Zu den möglichen Ursachen könnten die psychische und wirtschaftliche Belastung durch die Pandemie gehören und die längere Zeit, die während der Schulschließungen zu Hause verbracht wurde (wo Waffen häufig aufbewahrt werden), so die Forscher.
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Obwohl Schießereien an Schulen die meiste Aufmerksamkeit erregen, machen sie nur einen Bruchteil aller waffenbedingten Todesfälle von Kindern und Jugendlichen aus. Die Gefahren, denen junge Menschen durch Schusswaffen in Amerika ausgesetzt sind, gehen weit darüber hinaus.
Nach Angaben der Brady Campaign zur Beendigung der Waffengewalt starben zwischen 2015 und 2019 im Durchschnitt mehr als 1.600 Kinder und Jugendliche pro Jahr an einer Schussverletzung.
Von den Todesopfern wurden 52 % ermordet, 40 % starben durch eigenen Entschluss und Gebrauch einer Schusswaffe und 5 % wurden unbeabsichtigt getötet.
Eine im vergangenen Jahr im JAMA Network veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass in 134 Freitodesfällen, in denen Schusswaffen verwendet wurden, die Kinder die Schusswaffe von zu Hause mitgebracht hatten.
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Auch einige Amokläufer an Schulen haben ihre Waffen von zu Hause mitgebracht. Im Jahr 2012 benutzte der Schütze in Sandy Hook die Waffe seiner Mutter, um sie und 26 Kinder und Schulangestellte zu töten.
Aus einer im letzten Jahr veröffentlichten Studie geht hervor, dass über 80 % der Amokläufer an Schulen die Waffen von Familienmitgliedern gestohlen hatten.
"Die Ergebnisse sprechen für eine sichere Aufbewahrung von Waffen", schreiben die Autoren. Aber wie die Analyse zeigt, "gibt es keine Bundesgesetze, die eine sichere Aufbewahrung von Waffen vorschreiben, und keine Bundesnormen für Schusswaffenschlösser".
Ob Waffengewalt in der Nachbarschaft, Schießereien in der Schule oder Unfälle zu Hause, wenn die Waffen nicht gesichert sind, wird die Bedrohung für Amerikas Kinder und Jugendliche immer schlimmer werden.
Laut dem Gun Violence Archive wurden im Jahr 2020 999 Kinder im Alter von 0 bis 11 Jahren und 4.142 Teenager im Alter von 12 bis 17 Jahren bei Vorfällen im Zusammenhang mit Waffen getötet oder verletzt.
Im Jahr 2022 sind diese Zahlen immer noch alarmierend hoch, wobei bisher 968 Kinder und 4.971 Teenager bei Vorfällen im Zusammenhang mit Waffen getötet oder verletzt wurden.
Wenn es um Verletzungen und Todesfälle im Zusammenhang mit Waffen geht, darf die enorme Anzahl von Waffenbesitzern in den USA nicht übersehen werden…
Laut einer Studie des Small Arms Survey aus dem Jahr 2018 besitzen Zivilisten in den USA schätzungsweise, 393 Millionen Schusswaffen.
Mit anderen Worten: Fast 46 % der geschätzten 857 Millionen Schusswaffen in zivilem Besitz befinden sich in den USA. Ein erstaunlicher Anteil, wenn man bedenkt, dass das Land nur 4 % der Weltbevölkerung stellt.
In den letzten Jahren sind mehrere Studentenbewegungen entstanden, die eine strengere Waffenkontrolle fordern.
Eine davon, 'March For Our Lives' (Marsch für unser Leben), veranstaltete weltweit 450 Märsche und führte zu neuen Gesetzen zur Eindämmung von Waffengewalt sowie zum überparteilichen 'Safer Communities Act', dem ersten US-Bundesgesetz über Waffen in 30 Jahren.
Die Gesetze zur Waffensicherheit in dem überparteilichen Gesetzentwurf umfassen erweiterte Hintergrundprüfungen für Waffenkäufer unter 21 Jahren und die Finanzierung von Kriseninterventionsprogrammen. Ein erster Schritt.