Streit um Michelangelos "David": Florenzer Museum lädt Eltern aus Schule in Florida ein
Viele Schulklassen jährlich besuchen die Galleria dell'Accademia in Florenz, in der sie auch die berühmte "David"-Statue von Michelangelo betrachten. Nun wurde eine Schulklasse aus Florida explizit vom Florenzer Bürgermeister eingeladen. Zuvor war ihre Lehrerin entlassen worden - weil sie den "David" im Unterricht behandelt hatte.
Die 5,17 Meter hohe "David"-Statue wurde von dem italienischen Künstler Michelangelo zwischen 1501 und 1504 in Florenz geschaffen und gilt als erste Monumentalstatue der Hochrenaissance. Die aus einem einzigen Marmorblock gehauene Skulptur ist die bekannteste der Kunstgeschichte. Die Statue zeigt den David aus der biblischen Legende, wie er sich auf den Kampf mit Goliath vorbereitet.
Schulleiterin Hope Carrasquilla hatte in der Tallahassee Classical School in Florida mit ihren Schülern Michelangelos "David"-Statue im Unterricht behandelt. Dies stieß bei einigen Eltern auf Unmut.
Carrasquilla wollte auch Michelangelos Gemälde "Die Erschaffung Adams" und "Die Geburt der Venus" von Botticelli (Foto) mit den 11- und 12-jährigen Schülern im Kunstunterricht behandeln.
Bereits über den "David" beschwerte sich allerdings ein Elternteil. Die Begründung: das Unterrichtsmaterial sei p o r n ographisch. Zwei weitere Eltern forderten, dass sie über die Unterrichtsinhalte im Vorhinein informiert werden.
Barney Bishop III., der Vorsitzende des "School Board", sagte zum Magazin 'Slate', dass er es als "ungeheuerlichen Fehler" bewerte, dass die Schulleiterin, die Eltern nicht zuvor über den Unterrichtsinhalt informiert hatte. Das Besprechen der "David"-Statue selbst sah er als unproblematisch an.
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Die Tallahasse Classical School ist demnach öffentlich finanziert, aber hinsichtlich der Lehrinhalte unabhängiger. Bishop sagte daher: "Wir haben kein Problem damit, den 'David' zu zeigen." Allerdings gab er weiter an: "Man muss die Eltern vorab informieren, und sie können dann entscheiden, ob es angemessen ist, dass ihr Kind die Statue sieht."
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Bishop gab weiter an, dass es nicht nur einen Grund gab, weshalb die Schule sich von Schulleiterin Carrasquilla trennte.
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Carrasquilla sagte zum 'Tallahassee Democrat': "Es macht mich traurig, dass meine Zeit hier auf diese Weise enden musste." Ihr war ein Ultimatum zur Räumung ihres Postens als Schulleiterin gegeben worden.
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Carrasquilla war am 23. März unter Polizeieskorte vom Schulhof geführt worden, so der 'Tallahassee Democrat'. Einem Lehrer, der sich gegen diese Maßnahme aussprach, wurde mir Disziplinarmaßnahmen gedroht.
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Nun richteten sich die Verantwortlichen der Galleria dell'Accademia in Florenz persönlich an die Eltern der betroffenen Schulklasse: Sie wurden eingeladen, den "David" in Realität zu besuchen.
Der Florenzer Bürgermeister, Dario Nardella, twitterte in diesem Kontext: "Kunst mit P o r n ografie zu verwechseln, ist einfach lächerlich."
Cecilie Hollberg, Direktorin der Galleria dell'Accademia, gab in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP an: "Zu denken, dass der David p o r n ografisch sein könnte, bedeutet, den Inhalt der Bibel, die westliche Kultur und die Kunst der Renaissance nicht zu verstehen."
Hollberg betonte allerdings weiter, dass das Verhalten dieser Eltern der Schüler der Tallahassee Classical School nicht prototypisch für alle US-Amerikaner sei. Im Generellen würden die US-amerikanischen Touristen den "David" bewundern und gerne Selfies mit der Statue machen.
Der Streit um den "David" steht dabei nur exemplarisch für die allgemeine Entwicklung in Florida, so das Magazin 'Spiegel'.
Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur des US-Staats Florida, verfolgt eine Strategie der Einschränkung der schulischen Lehrfreiheit. So soll Rassismus nicht mehr behandelt werden und an Grundschulen sind die Themen der geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung und bereits verboten. Das Verbot soll nun für Schüler aller Altersklassen ausgeweitet werden, so der Spiegel.
Nicht nur in der Moderne, auch in der Vergangenheit sorgte Michelangelos "David" für Kontroversen und entfacht seit seiner Entstehung eine Debatte über Kunst und Zensur. Im 16. Jahrhundert war sein Genitalbereich durch den Einfluss der römisch-katholischen Kirche von einem metallenen Feigenblatt verdeckt worden.