ThyssenKrupp: Ein Koloss bricht ein
Duisburg hat eine Bergbau-Vergangenheit und ist der größte Stahl-Standort in Europa. Allein ThyssenKrupp beschäftigt hier 13.000 Mitarbeiter. Im Laufe der Jahre wurden hier im industriellen Herz Deutschlands immer weiter Jobs abgebaut. Teile der Stadt gelten inzwischen als soziale Brennpunkte.
Deutschlands ehemaliges Schwergewicht Thyssenkrupp fährt in den vergangenen Jahren nur noch Verluste ein, was mit dem sinkenden Preis für Stahl, der sinkenden Nachfrage nach deutschen Autos und den Klimaauflagen zu tun hat. Laut Tagesschau musste der Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr rund eine Milliarde Euro auf das schwächelnde Stahlgeschäft abschreiben.
In den letzten Jahren hat sich der Stahl-Riese bereits von Zehntausenden Mitarbeitern getrennt. Der neue CEO Miguel Lopez kündigt weitere Verschlankungen an. Vor ihm haben viele versucht, genau das zu vermeiden, weil keiner Streiks und Gewerkschaftschlachten auf deutschen Straßen will. Einige wie der ehemalige CEO Guido Kerkhoff (rechts) arbeiten heute bei der kleineren Konkurrenz.
Unter dem Strich stand im abgelaufenen Geschäftsjahr per Ende September nach Anteilen Dritter bei der ThyssenKrupp Bilanz ein Fehlbetrag von 1,5 Milliarden Euro nach einem Verlust von 2,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Dazu belasteten Kosten für die laufende Restrukturierung den Konzern. Das Stahlgeschäft soll deswegen in Teilen verkauft und die Marine-Einheit an die Börse gebracht werden.
Wie die Tagesschau berichtet, hat die ThyssenKrupp-Aktie in der Fünf-Jahres-Perspektive über 70 Prozent ihres Werts verloren und notiert vor kurzem auf einem Rekordtief von unter drei Euro. Der Konzern kämpft mit einem umstrittenen CEO, mit wütenden Arbeitnehmern und Aufsichtsräten. Und dann ist da noch ein Milliardär mit unklarer Mission, schreibt "The Pionier".
Der tschechische Unternehmer Daniel Křetínský soll den Konzern retten, wobei noch nicht klar ist, wie. Seine Beteiligungen in Energieunternehmen könnten ThyssenKrupp helfen, grünen Stahl billiger zu produzieren. Bisher hält er 20% an der Stahleinheit des Konzerns. Sein durchmischtes Konglomerat beinhaltet auch die britische Royal Mail.
Daniel Křetínský will seine Anteile bei Thyssen Steel ausweiten, allerdings ist sein Ruf eher schlecht. Die Tagesschau berichtet, dass er über sein Medienhaus die Presse in der Heimat beeinflusst und über seinen Energiekonzern EPH russisches Gas bezogen haben soll - trotz Embargo. Mit dem daraus erwirtschafteten Geld soll er bei ThyssenKrupp eingestiegen sein.
„Eine deutlich schwächere Nachfrage aus wichtigen Kundenindustrien wie der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau und der Bauwirtschaft hat die Finanzkennzahlen des Konzerns im vergangenen Geschäftsjahr beeinträchtigt“, teilte ThyssenKrupp mit. Ein weiterer Beweis, dass Deutschland zu lange mit dem Umbau seiner Wirtschaft gewartet hat.
Auch wenn die Gewerkschaften den CEO Miguel López nicht besonders mögen, die Märkte glauben an seine Strategie der Verschlankung. Die Aktie erzielte nach seinen letzten Strategie-Ankündigungen für das kommende Jahr ein Kursplus von knapp 10%. Laut Bild hat vor allem das vierte Quartal bei ThyssenKrupp den Investoren gefallen.
Nach Firmenangaben hat López übergreifende Erfahrungen in vielen verschiedenen Industrien in Spanien und Deutschland. Die konsequente Art des Managers bringt einige Gewerkschaftler zwar in Rage, aber alle vorherigen Führungskräfte, darunter auch eine Frau (Martina Merz) sind gescheitert. Die militärische Aufrüstung Deutschlands ist eine neue und vielleicht letzte Chance für den in Essen angesiedelten Konzern.
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