Unruhen in Frankreich: Beginnt eine Rückkehr zur Ruhe?
Brände, Mörserschüsse, Plünderungsszenen... Seit dem Tod des jungen Nahel, der in Nanterre von einem Polizisten aus nächster Nähe erschossen wurde, steht Frankreich unter Feuer und Blut. Überall im Land greifen (manchmal sehr junge) Randalierer ihre eigenen Viertel an und zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt, von Fahrzeugen bis hin zu Schulen, Rathäusern und Supermärkten.
Aber es scheint, dass sich allmählich eine Rückkehr zur Ruhe abzeichnet. Nach fünf Nächten voller Gewalt in allen Ecken Frankreichs ist die Zahl der Festnahmen in der Nacht von Sonntag auf Montag stark zurückgegangen.
Nach den neuesten Zahlen des Innenministeriums nahm die Polizei in der Nacht von Sonntag, dem 2. Juli, auf Montag, den 3. Juli, 157 Personen fest.
Das Innenministerium berichtete auch von den Verletzungen dreier Polizisten und Gendarmen, ohne jedoch einen größeren Zwischenfall zu erwähnen. Minister Gérald Darmanin (im Bild) berichtete jedoch vom Tod eines 24-jährigen Feuerwehrmanns in Saint-Denis, der versucht hatte, einen Brand von Autos in einer Tiefgarage zu löschen. Bisher wurde aber noch keine Verbindung zu den nächtlichen Unruhen hergestellt.
In den Nächten zuvor wurden zahlreiche Gewalttaten auf dem französischen Staatsgebiet registriert. Das Wochenende stand im Zeichen höchster Anspannung und viele Veranstaltungen wurden abgesagt.
In der Nacht vom 1. auf den 2. Juli, wurde das Haus von Vincent Jeanbrun, Bürgermeister von L'Haÿ-les-Roses, von Randalierern mit einem brennenden Wagen angegriffen. Die im Haus anwesende Frau des Bürgermeisters verletzte sich am Bein, als sie mit ihren beiden kleinen Kindern flüchtete.
Während die ersten Unruhen nach Nahels Tod am Dienstag, dem 27. Juni, vor allem in den Pariser Vororten stattfanden, breitete sich die Gewalt später auf das ganze Land aus. Von Marseille über Lyon, Mülhausen und Nantes bis hin zu Tourcoing kam es zu zahlreichen Ausschreitungen.
Der Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire sagte, dass seit Beginn der Unruhen mehr als 700 Unternehmen geplündert und manchmal sogar niedergebrannt worden seien. Händler fordern Schadensersatz.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag verzeichneten die Ordnungskräfte 719 Festnahmen und 45 verletzte Polizisten und Gendarmen. In der Nacht zuvor hatte das Innenministerium 1311 Festnahmen und 79 verletzte Polizisten und Gendarmen gemeldet.
Dieser Rückgang der Zahlen lässt sich durch eine erhebliche Verstärkung der Sicherheitskräfte erklären. Seit Freitagabend waren 45.000 Polizisten und Gendarmen vor Ort mobilisiert, um die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten.
Auf der Website des Innenministeriums heißt es, dass "die mobile Gendarmerie, die Gendarmerien der Departements, die Luftwaffe sowie die GIGN (vergleichbar mir der deutschen GSG 9) in ganz Frankreich im Einsatz waren", und zwar während des Wochenendes.
"Die nationale Polizei war im ganzen Land präsent, um die Ordnung wiederherzustellen, Vandalismus zu verhindern und Unruhestifter festzunehmen, mit Kräften der öffentlichen Sicherheit, aber auch mit Spezialeinheiten der CRS und RAID in mehreren Ballungsräumen", so das französische Innenministerium weiter.
Darüber hinaus lässt sich dieser relative Rückgang der Gewalt durch ein zweites Phänomen erklären: die Mobilisierung der Bewohner in ihren Stadtteilen. Einige beschützen Schulen und öffentliche Gebäude, während andere versuchen, vor Wut geblendete Teenager zur Vernunft zu bringen. In Aulnay-sous-Bois beispielsweise gingen Mütter von Familien durch die Viertel, um junge Menschen zu sensibilisieren und ein Ende der Gewalt zu fordern.
Nach den ersten Nächten der Unruhen haben viele Städte eine Ausgangssperre verhängt, darunter Colombes, Asnières-sur-Seine, Clamart, Meudon, Villeneuve-la-Garenne oder sogar Rosny-sous-Bois in der Region Paris. Die meisten Ausgangssperren werden voraussichtlich nicht über Dienstag, den 4. Juli hinaus, verlängert.
Nach sechs Nächten mit schweren Krawallen erklärte das Innenministerium, dass mehr als 5000 Autos verbrannt wurden, 10 000 Mülltonnen in Flammen standen, fast 1000 Gebäude in Brand gesteckt oder beschädigt wurden und mehr als 250 Polizeistationen oder Gendarmerien angegriffen wurden. Insgesamt haben die Ordnungskräfte seit Dienstag, dem 27. Juni, 3200 Personen festgenommen.
Die ersten Verurteilungen wegen Beteiligung an den Ausschreitungen gab es bereits vergangenes Wochenende, am 1. und 2. Juli. Nach Angaben von France Info kamen viele Angeklagte in Untersuchungshaft, andere wurden zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt.