Wieso Gerhard Schröder nicht zum SPD-Parteitag eingeladen wurde
Die SPD-Spitze wird den früheren Bundeskanzler und Parteivorsitzenden nicht zu ihrem Parteitag im Dezember 2023 einladen. Eigentlich ist es Tradition, dass ehemalige Parteivorsitzende teilnehmen, aber die SPD will sich so weit wie möglich von Gerhard Schröder distanzieren. Mit gutem Grund.
"Ich kann in Gerhard Schröder den Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden nicht mehr erkennen. Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt“, erklärte die Parteivorsitzende Saskia Esken gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Es ist nicht das erste Mal, dass die SPD zeigt, dass Schröder unerwünscht ist. Auch zur Feier zum 160-jährigen Bestehen der SPD am 23.Mai 2023 hatte Schröder im Gegensatz zu anderen Ex-Parteivorsitzenden keine Einladung erhalten.
Nach der Kritik an Schröder wegen seiner Nähe zu Putin, auch nach der Invasion der Ukraine, hatte die SPD versucht den ehemaligen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden aus der Partei auszuschliessen. Vergeblich. Am 2. März 2023 wurde in zweiter Instanz entschieden, dass Schröder in der SPD bleiben darf.
Ende Mai 2022 hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages Altkanzler Gerhard Schröder einen Teil seiner früheren Sonderrechte gestrichen. Damit verlor er sein Büro samt Mitarbeitern. Gegen diesen Beschluss hatte Schröder geklagt, aber Anfang Mai 2023 verloren. Laut dem Spiegel lagen die Personalausgaben in Schröders Büro im Jahr 2021 bei mehr als 400.000 Euro. Aber wie ist es zu diesen Sanktionen gegen Schröder gekommen?
Seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine, wuchs die Kritik an Schröder. Eine Schlagzeile jagte die nächste. Der Grund: seine enge Verbindung zu Putin und seine Posten in russischen Unternehmen. Die Hintergründe und was genau passiert ist, finden Sie beim Weiterklicken.
Im Bild: Schröder, seine Frau Kim So-yeon (links) und Wladimir Putin (rechts) 2018.
Ende Juli 2022 sorgte seine Reise nach Moskau für einen Skandal. "Ich mache hier ein paar Tage Urlaub. Moskau ist eine schöne Stadt." Das sagte Altkanzler Schröder gegenüber dem ntv-Korrespondent Dirk Emmerich in Moskau.
Schröders Ehefrau, Soyeon Schröder-Kim, bestätigte dem 'Spiegel', dass sich ihr Mann derzeit in Moskau aufhalte. Er befinde sich jedoch nicht, wie er ntv gesagt hatte, im Urlaub, sondern führe "Gespräche über Energiepolitik in Moskau".
Kremlsprecher Dmitri Peskow hat den Aufenthalt von Schröder in Moskau (im Bild) ebenfalls bestätigt und schloss nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax auch nicht aus, dass Schröder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Kontakt treten könnte.
Etwa einen Monat nach der russischen Invasion in der Ukraine war Gerhard Schröder schon mal nach Moskau gereist. Angeblich um mit Wladimir Putin zu sprechen und in dem Ukrainekrieg zu vermitteln. Seine Ehefrau Soyeon Schröder-Kim veröffentlichte damals dieses Selfie auf Instagram, dass sie mit gefalteten Händen und geschlossen Augen zeigt. Die Aussicht aus dem Hotelfenster hinter ihr: der Rote Platz in Moskau.
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (1998 bis 2005) hat zwar den Einmarsch der Russen in die Ukraine kritisiert, sprach aber von "Fehlern auf beiden Seiten" und hielt an seinen Posten in russischen Konzernen fest. Damit löste er eine Welle der Empörung aus.
Auf LinkedIn postete Schröder: "Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden. Das ist die Verantwortung der russischen Regierung. Viel ist in den vergangenen Jahren über die Fehler und Versäumnisse im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland gesprochen worden. Und es gab viele Fehler - auf beiden Seiten“. Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel."
"Und mit Blick auf die Zukunft gilt, so Schröder weiter, dass jetzt bei notwendigen Sanktionen darauf geachtet wird, die verbliebenden politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen, die zwischen Europa und Russland bestehen, nicht gänzlich zu kappen. Denn diese sind - trotz der gegenwärtigen dramatischen Lage - die Basis für eine Hoffnung, die wir alle haben: dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent wieder möglich ist."
Im Bild mit seiner fünften Ehefrau So-yeon Schröder-Kim.
Angesichts der entsetzlichen Bilder vom Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt, haben diese Äusserungen des Altkanzlers hohe Wellen geschlagen. Die Kritik an seiner langen persönlichen Beziehung zum russischen Präsidenten und seine gut bezahlten Posten in russischen Unternehmen waren in den Schlagzeilen aller Medien präsent.
Bundeskanzler Scholz hatte seinen Vor-Vorgänger und Parteigenossen aufgefordert seine Posten bei russischen Staatskonzernen aufzugeben. Schon zuvor waren Mitarbeiter in Schröders Bundestagsbüro zurückgetreten.
Die SPD hat Schröder 2022 von der Liste großer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auf ihrer Internetseite gestrichen, und der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in einem Interview mit dem Tagesspiegel: "Er verwischt die Grenze zwischen seiner Geschäftstätigkeit und dem Gehör, das er als erfahrener Ex-Regierungschef findet. Das ist nicht nur nicht in Ordnung, das ist sogar traurig."
Im Bild: Gerhard Schröder auf einem SPD Parteitag in 2015.
Schröder ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG. Diese beiden Gasleitungen verbinden Russland und Deutschland. Außerdem war der frühere Kanzler bis Ende Mai 2022 Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Laut Manager Magazin soll sein Gehalt für die Tätigkeiten bei Nord Stream 250.000 Euro im Jahr betragen.
Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, hat die Bundesregierung beschlossen die Gasleitung Nord Stream 2 als ein Teil der Sanktionen gegen Russland zu stoppen. Schröder aber machte keine Anstalten, seinen Posten bei dem Unternehmen aufzugeben. (Im Bild mit Putin in Installationen von Gazprom.)
All das wäre ohne seine enge Beziehung zu Wladimir Putin wohl nicht möglich. Die Verbindung zu Putin begann schon als Schröder noch in der Politik war. Seit 20 Jahren verbindet beide eine Männerfreundschaft, die schon immer umstritten war.
Was wohl mit Staatsbesuchen (wie im Bild) angefangen hat als beide Politiker an der Macht waren, hat sich ab 2005, als Schröder die Bundestagswahl verlor, zu einem engen privaten Vertrauensverhältnis entwickelt.
Schon zu Schröders 60. Geburtstag, also vor 18 Jahren, wurde Putins Besuch bei ihm zu Hause von den Medien kommentiert, genauso wie die gemeinsame Schlittenfahrten (im Bild mit Putin und seiner damaligen Frau Doris Köpf) zu dem der russische Präsident das Ehepaar nach Moskau eingeladen hatte.
Dieser Ausdruck kommt vom russischen Regierungskritiker Alexej Nawalny . Er hat Gerhard Schröder öffentlich als "Laufburschen Putins" bezeichnet.
Auf diesem Bild sehen wir den Altkanzler auf dem Event 'Russia Day' vor einigen Jahren.
Gerhard oder auch 'Gerd' Schröder war fünfmal verheiratet. Seine heutige Frau, die südkoreanische Wirtschaftsexpertin So-yeon Schröder-Kim, heiratete er 2018. Sie hat ihren Mann in einem Post auf Instagram verteidigt. Was keine wirkliche Überraschung ist.
Im Bild das Ehepaar auf dem Bundespresseball 2019.
Davor war er von 1997 bis 2018 mit Doris Köpf verheiratet. Im Bild, das Ehepaar in ihrem Garten. Mit ihr adoptierte Schröder zwei russische Waisenkinder: Viktoria in 2004 und Gregor in 2006.
Das Verhalten Schröders hat viele Organisationen zu Konsequenzen veranlasst. Der Deutsche Fußball-Bund zum Beipiel (DFB) hat dem Altkanzler im März 2022 seine Ehrenmitgliedschaft entzogen. Genau wie der Club Borussia Dortmund.
Im Bild ist Fussballfan Schröder bei einem Spiel Deutschland gegen Serbien zu sehen.
Auch die AWO reagierte 2022 und erkannte Schröder den Heinrich-Albertz-Friedenspreis ab, der ihm 2005 verliehen wurde.
Im Bild: Schröder bei einem Empfang zu seinem 75. Geburtstag mit Stefan Schostok (SPD) in 2019
Schröder wird seine Haltung nicht ändern, und nachdem der Parteiausschluss nicht geklappt hat, kann die SPD nichts anderes tun als in der Öffentlichkeit zu dokumentieren, dass ihr ehemaliger Parteivorsitzender zur Persona non grata mutiert ist.